Energiewende auf Japanisch

Seit Fukushima fordern immer mehr Japaner den Atomausstieg und einen Ausbau der erneuer - baren Energien. Der eindeutige Gewinner im Energiemix aber ist bisher die Erdgasbranche.

Tokio lässt sich bei der Suche nach Antworten auf Japans Energieversorgung nach Fukushima viel Zeit. Während Deutschland den Atomausstieg innerhalb von Tagen nach dem Unfall in die Wege leitete, wägt Japans politische Klasse alle Optionen sorgsam ab. In einem Land, dessen Stromversorgung fast ausschließlich von Energierohstoffimporten abhängt, ist bald neun Monate nach der schwersten Atomkatastrophe seit Tschernobyl die Zukunft der 54 Atommeiler ebenso unklar wie die künftige Rolle der erneuerbaren Energien. Unterdessen setzen die Versorger immer stärker auf Erdgas, um die Stromlücke zu schließen, die die verheerende Erdbeben- und Tsunamikatastrophe vom 11. März 2011 gerissen hat. Immerhin hat das japanische Wirtschaftsministerium inzwischen mit der Ausarbeitung eines neuen Energieplans begonnen, der die Weichen für Japans zukünftige Ausrichtung in der Energiepolitik legen soll. Allerdings ist vor Mitte 2012 nicht mit konkreten Ergebnissen zu rechnen. Bisher sah dieser Plan einen stetigen Ausbau der Atomkraft vor. Bis 2030 sollte der Anteil des Atomstroms von 26 auf 50 Prozent, bis 2050 gar auf 70 Prozent ausgebaut werden. Japan experimentierte mit der Schnelle-Brüter- Technologie und strebte einen unabhängigen Brennstoffkreislauf mit einer eigenen Wiederaufbereitungsanlage an. Diese Pläne sind seit Fukushima stark in Frage gestellt. Zwar hat die Atomkatastrophe keinen radikalen Schnitt ausgelöst wie in Deutschland, doch muss auch Japan umdenken. Derzeit sind 44 der 54 Atomkraftwerke (AKW) wegen Erdbebenschäden, Routinewartungen oder Stresstests abgeschaltet. Erst ein einziger Reaktor ist seit dem 11. März wieder ans Netz genommen worden, zu groß sind die Sicherheitsbedenken der angrenzenden Kommunen. Wenn die Gouverneure der AKW-Provinzen ihre Zustimmung weiter verweigern, könnte das Land schon im Mai 2012 ohne Atomkraft dastehen. Damit muss Japan kurzfristig rund ein Viertel seiner Stromerzeugung ersetzen.



Copyright: © wvgw Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH
Quelle: Heft 12 - 2011 (Dezember 2011)
Seiten: 4
Preis: € 4,00
Autor: Chefredakteur JAPANMARKT Pascal Gudorf
 
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