Werkzeuge zur Bewertung von Abfallbehandlungsverfahren - Methoden und Ergebnisse -
Seit einiger Zeit beschäftigt sich der VDI-GVC/DECHEMA/VDI-GET-Fachausschuss Abfallbehandlung und Wertstoffrückgewinnung intensiv mit der Fragestellung: Wie bewertet man unterschiedliche Abfallbehandlungsverfahren unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit transparent und nachvollziehbar?
Die kontroversen Diskussionen zwischen Ingenieuren und Naturwissenschaftlern im Fachausschuss über die verschiedenen wissenschaftlich-technischen Bewertungsmethoden für Abfallbehandlungsverfahren führten schließlich zu dieser Publikation, um die bisher am häufigsten angewandten Methoden auf ihre Anwendbarkeit zu überprüfen:
- Massen- und Energiebilanzen (Professor Reinhard Scholz, Technische Universität Clausthal; Professor Michael Beckmann, Bauhaus Universität Wimar)
- Stoffbilanzen (Professor Paul H. Brunner und Professor Helmut Rechberger, Technische Universität Wien)
- Ökobilanzen (Professor Liselotte Schebek, Forschungszentrum
Karlsruhe)
- Kosten-Wirksamkeits-Analyse (Professor Paul H. Brunner und Dr. Gernot Döberl, Technische Universität Wien)
- Ökoeffizienz-Analyse (Dr. Andreas Kicherer, BASF Ludwigshafen)
- Zusätzliche Berücksichtigung der sozialen Aspekte (Dr. Isabell Schmidt, KPMG Advisory Services)
- Deponierung und Mechanisch-Biologische Abfallbehandlung (Dr. Konrad Soyez, - Universität Potsdam)
- Nutzung von Energie aus Abfall (Professor Thomas Kolb, Forschungszentrum Karlsruhe)
Die Bewertungsmethoden werden beispielhaft auf Fragestellungen des Umgangs mit Siedlungsabfall angewendet. Diese Auswahl ist nicht deshalb getroffen worden, weil diese Abfälle das dringendste Problem für nachhaltiges Wirtschaften wären. Aber das Thema Siedlungsabfall ist relativ übersichtlich und für jedermann anschaulich und eignet sich deswegen besonders gut für diesen Vergleich der Bewertungsmethoden:
- In den USA stehen zum Beispiel die betriebswirtschaftlichen Kosten als Entscheidungsmerkmal im Vordergrund. Dies führt zur Entsorgung der Abfälle durch Ablagerung auf billigen Megadeponien weit abseits von den Bevölkerungszentren. Wie würde man handeln, wenn die gesellschaftlichen Kosten der Klima schädigenden Deponiegase und der Ressourcenverbrauch durch Transporte berücksichtigt würden?
- In Deutschland werden für die Entsorgung von Verpackungsmaterialien Verwertungsquoten vorgegeben, die durch Massen- oder Stoffbilanzen überprüft werden. Dies führt wiederum zur sehr teuren Sammlung von Verpackungsabfällen in gelben Tonnen und Säcken, die LKW-Transporte von Material geringer Dichte erforderlich macht. Würde man solche Lösungen realisieren, wenn man Ökobilanzen oder Ökoeffizienz-Analysen als Entscheidungsgrundlage verwenden würde?
- Die Abfallhierarchie der EU vertritt ebenfalls diese Stoffbilanz bezogene Sichtweise. Aber sind die sich daraus ergebenden Praktiken auch wirklich sinnvoll in Bezug auf die Zielsetzung einer nachhaltigen Entwicklung?
- In den Niederlanden wird Strom staatlich gefördert, der in Abfallbehandlungsanlagen gewonnen wird. Dies hat zu drastischen Steigerungen der Wirkungsgrade bei Müllverbrennungsanlagen geführt. Die Entscheidung zur Förderung der Stromproduktion basiert auf der Bewertung von Energiebilanzen. Zur weiteren Steigerung des energetischen Verwertungspotenzials von Abfällen wurden zusätzlich die NOx-Emissionsgrenzwerte gelockert. Ist das gerechtfertigt?
Hierbei gilt, dass je exakter diese Aufgabenstellung definiert ist, umso zuverlässiger ist das Ergebnis der Bewertung. Die Massen- und Energiebilanzen sind Grundlage jeder Bewertung. Die Stoffbilanz macht eine Aussage zu den lokal zu erwartenden Schadstoffemissionen, während die Ökobilanz zusätzlich die Umweltauswirkungen der Verfahren beschreibt. Bei der Kosten-Wirksamkeits-Analyse werden die Kosten zur Erreichung einzelner Verfahrenszielgrößen hinzugezogen, während bei der Ökoeffizienz-Analyse sowohl die ökonomischen als auch die ökologischen Belastungen des Verfahrens gewichtet werden. Bei der Sozio-Ökoeffizienz-Analyse werden in Erweiterung der Ökoeffizienz-Analyse zusätzlich soziale Aspekte eines Verfahrens berücksichtigt. Je nach Fragestellung kann also das entsprechende Werkzeug genutzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit steigender Komplexität der Fragestellung und damit der Bewertungsmethoden, auch der Anteil an subjektiven Kriterien zunimmt, die in die Bewertung einfließen.
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