Suche nach neuen Antworten

Die Anaerobtechnik in der Abfallwirtschaft erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Die Steigerungsraten im Anlagenbestand liegen heute deutlich über denen der Kompostierung. Diese Entwicklung hat mehrere Ursachen. Hierzu zählt die Wertschöpfung durch die Energieproduktion, die durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) noch betont wird. Hinzu kommen die technischen Vorteile bei pastösen und flüssigen Abfällen, für die eine Kompostierung nur eingeschränkt in Frage kommt. Zudem gibt es standortbedingt Emissionsvorteile, da die Geruchsbelastung geringer ist. Wenn aber in der Praxis diese Technologie sich zunehmender Beliebtheit erfreut und wenn diese Technologie aus der Klärschlammfaulung gut erforscht ist, warum dann ein Schwerpunktheft zur Anaerobtechnik?

Hierfür gibt es gute Gründe. So ist in der Abfallwirtschaft die Varietät der Ausgangsmaterialien nicht nur prinzipiell groß, sie reicht von Schlachthofabfällen bis hin zu Bioabfall, sondern zusätzlich liegen jahreszeitlich und/ oder produktionsbedingte Schwankungen vor. Auf Schwankungen reagiert die Anaerobie wesentlich empfindlicher als die Kompostierung. Dieser Umstand erfordert sorgfältige und angepaßte Steuerungsmodelle, die nur sehr bedingt aus der Klärschlammfaulung übernommen werden können.
Soweit Cellulosen und Liguine vorliegen, sind die Ausgangsstoffe entweder schwer oder gar nicht für die anaerobe Biologie verfügbar. In diesen Fällen können vorgeschaltete Aufschlußverfahren notwendig sein.
Hinzu kommen Fragen nach der optimalen Prozeßführung, bei der zwischen Trocken- oder Naßvergärung, batch oder kontinuierlich sowie ein- oder mehrstufiges Verfahren unterschieden werden kann.
Zu all diesen Fragen gibt es noch keine abschließend befriedigenden Antworten und auch die richtigen Rahmenbedingungen für jede technologische Variante wurden noch nicht definiert. Und letztlich bleibt das Problem des Umganges mit dem Digestat. Verwertung im Pflanzenbau ja; aber in welcher Form, naß oder trocken? Welche Nachbehandlungsverfahren gibt es und wie ist die Hygienisierung zu gewährleisten? Es ist entscheidend, Antworten hierauf zu finden, da ansonsten die gesamte Technologie wieder in Frage gestellt werden muß.
Das vorliegende Heft des MüllMagazins widmet sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit schwerpunktmäßig diesen Fragen. Es werden neben dem Komplex der Optimierung und der zukünftigen Entwicklung auch die Problemkreise aufgegriffen, die den Betrieb heute existierender Anlagen tangieren.
Die Geschichte der Kompostierung hat gezeigt, daß es wichtig ist, die Diskussion über Themen anzuschieben, zu denen unterschiedliche Meinungen vorliegen, und daß neue Forschungen schnell publik gemacht werden müssen. Ansonsten wird ein guter Ansatz zerredet.
Prof. Dr.-Ing. habil Werner Bidlingmaier
Professur Abfallwirtschaft an der Bauhaus-Universität Weimar



Copyright: © Rhombos-Verlag
Quelle: 02/2004 - Anaerobtechnik (Juli 2004)
Seiten: 1
Preis: € 0,00
Autor: Prof. Dr. Ing. habil. Werner Bidlingmaier
 
 Artikel nach Login kostenfrei anzeigen
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Europäische Rechtsvorgaben und Auswirkungen auf die Bioabfallwirtschaft in Deutschland
© Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH (11/2025)
Bioabfälle machen 34 % der Siedlungsabfälle aus und bilden damit die größte Abfallfraktion im Siedlungsabfall in der EU. Rund 40 Millionen Tonnen Bioabfälle werden jährlich in der EU getrennt gesammelt und in ca. 4.500 Kompostierungs- und Vergärungsanlagen behandelt.

Vom Gärrest zum hochwertigen Gärprodukt - eine Einführung
© Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH (11/2025)
Auch mittel- bis langfristig steht zu erwarten, dass die Kaskade aus anaerober und aerober Behandlung Standard für die Biogutbehandlung sein wird.

Die Mischung macht‘s - Der Gärrestmischer in der Praxis
© Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH (11/2025)
Zur Nachbehandlung von Gärrest aus Bio- und Restabfall entwickelte Eggersmann den Gärrestmischer, der aus Gärresten und Zuschlagstoffen homogene, gut belüftbare Mischungen erzeugt. Damit wird den besonderen Anforderungen der Gärreste mit hohem Wassergehalt begegnet und eine effiziente Kompostierung ermöglicht.