Bioaerosole und biologische Abfallbehandlungsanlagen - Ursachen, Risiken, Minderungsmaßnahmen

Bereits während der Standzeit der Sammelgefäße beginnt der biologische Abbau von Abfällen, zumeist unter Sauerstoffmangel, und insbesondere Schimmelpilze und Actinomyceten beginnen, sich deutlich zu vermehren. Zugleich werden Geruchsstoffe in erheblichem Umfang gebildet und freigesetzt.Im weiteren Verlauf des Transports und der Behandlung der Abfälle setzen sich die Abbauprozesse fort.

  In modernen biologischen Abfallbehandlungsanlagen wird dieser Abbau gezielt durch u.a. Belüftung und Bewässerung optimiert. Zur besseren Steuerung des Prozesses und aus Gründen des Immissionsschutzes sind die Behandlungsschritte mit einem intensiven biologischen Umsatz wie die Intensivrotte heute in der Regel in geschlossenen Anlagenteilen untergebracht. Allerdings führt die Kapselung oder Einhausung von emittierenden Anlagen und Anlagenteilen in diesen Anlagen – verglichen mit offenen Anlagen oder verglichen mit der Hintergrundbelastung – zu erhöhten aerogenen Konzentrationen an Mikroorganismen, Staub und Geruchsstoffen. Bei offenen Anlagen können die genannten Stoffe dagegen im Anlagenumfeld in erhöhter Konzentration festgestellt werden. Die von den Mikroorganismen und ihren Stoffwechselprodukten ausgehenden Risiken für Beschäftigte auf und Anwohner von Abfallbehandlungsanlagen wurden bislang unterbewertet [74, 76, 77]. Zu diesem Ergebnis kommt u.a. auchder Sachverständigenrat für Umweltfragen [51] in seinem neuen Umweltgutachten 2004, der im Kapitel 12 Neue gesundheitliche Umweltrisiken den Biologischen Aerosolen ein ganzes Unterkapitel widmet und dort feststellt: 1080. Die Problematik der gesundheitlichen Risiken von Biologischen Aerosolen hat regulatorisch bisher überwiegend im Arbeitsschutz Berücksichtigung gefunden. Da an bestimmten Arbeitsplätzen – beispielsweise bei der Abfallsammlung und -behandlung und bei der Intensivtierhaltung – hohe Konzentrationen von Biologischen Aerosolen auftreten, ist hier der Forschungs- und Handlungsbedarf seit langem evident. ... Demgegenüber haben die vergleichsweise geringeren, aber trotzdem zum Teil sehr beachtlichen Bioaerosolimmissionen in der Umgebung von Abfallbehandlungs- und Kompostierungsanlagen sowie von Intensivtierhaltungen in Forschung und Politik noch keine ausreichende Beachtung gefunden. ... Die Belastungsund Wirkungsforschung zeigt jedoch, dass die Konzentrationen an Biologischen Aerosolen, die in der Umgebung von Abfallbehandlungsanlagen und Anlagen der Intensivtierhaltungen gemessen wurden, durchaus gesundheitliche Risiken bergen können, die unter Vorsorgegesichtspunkten nicht hingenommen werden sollten. ... Wie die nachstehenden Ausführungen zur Belastungslage und zum Stand der Wirkungsforschung zeigen, sollten auch hinsichtlich der von Abfallbehandlungs-, Kompostierungs- und Intensivtierhaltungsanlagen ausgehenden Immissionen schärfere Schutzbestimmungen getroffen werden als sie das gegenwärtige Immissionsschutzrecht – das im Wesentlichen nur auf Geruchsbelastungen abstellt – vorsieht.



Copyright: © Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH
Quelle: Ersatzbrennstoffe 4 (2004) (November 2004)
Seiten: 34
Preis: € 0,00
Autor: Dr. Barbara Zeschmar-Lahl
 
 Artikel nach Login kostenfrei anzeigen
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.

Zur Berücksichtigung globaler Klimafolgen bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (9/2025)
Der Text untersucht, wie Klimafolgenprüfungen bei Deponien und Abfallanlagen rechtlich einzuordnen sind. Während das UVPG großräumige Klimaauswirkungen fordert, lehnt das BVerwG deren Prüfung im Immissionsschutzrecht ab. Daraus ergeben sich offene Fragen zur Zulassung und planerischen Abwägung von Deponien.

In-situ-Erhebung der Schädigung von Fischen beim Durchgang großer Kaplan-Turbinen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (9/2025)
Schädigungen der heimischen Fischarten Aitel, Nase und Äsche bei der Turbinenpassage wurde mittels HI-Z-Tags an zwei mittelgroßen Laufkraftwerken untersucht. Bei juvenilen Fischen wurden Überlebensraten (48 h) zwischen 87 % und 94 % gefunden, bei den adulten Fischen zwischen 75 % und 90 %. Die geringeren Schädigungen am Murkraftwerk im Vergleich zum Draukraftwerk können plausibel durch eine geringere Zahl an Turbinenflügeln (vier statt fünf), eine geringere Fallhöhe und eine etwas langsamer laufende Turbine erklärt werden.