Bewirtschaftung Titandioxid-haltiger Abfälle

Seit längerem ist eine intensive und europaweit geführte Diskussion im Gange, ob und inwiefern Titandioxid als gefährlich, genauer: als krebserregend eingestuft werden soll. Von Anfang an ist von den Herstellern und Vertreibern
ebensowie von der Entsorgungswirtschaft vor einerGefährlich- Einstufung von Titandioxid auch deshalb gewarnt worden, weil schwerwiegende Verwerfungen bei der Entsorgung Titandioxid-haltiger Abfälle befürchtet werden, die
bislang reibungslos funktionierte.

Im Oktober letzten Jahres hat die EU entschieden und Titandioxid jedenfalls teilweise als krebserregend eingestuft. Droht jetzt erneut ein Desaster, wie wir es schon 2016 bei der Gefährlich-Einstufung des Flammschutzmittels Hexabromcyclododecan (HBCD) erlebt haben? Damals nahm Deutschland die Gefährlich-Einstufung von HBCD im Europarecht zum Anlass, in einem nationalen Alleingang sämtliche HBCD-haltigen Abfälle pauschal als gefährlich einzustufen, weswegen es zu einem bizarren Entsorgungsnotstand vor allem im Bereich der Entsorgung von Wärmedämmverbundsystemen und den darin verwendeten Polystyrol- Platten ('Styropor') kam. Werden jetzt auch sämtliche Titandioxid-haltigen Abfälle zukünftig als gefährlicher Abfall zu bewirtschaften sein? Was hat sich im Rechtsrahmen überhaupt geändert? Und welche konkreten Auswirkungen wird das auf die Entsorgungswirtschaft haben? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden beantwortet.


II. Titandioxid: Verwendung und Einsatzbereiche
Titandioxid (TiO2) wird in vielen Konsumgütern verwendet, z.B. in Kosmetika, Farben und Lacken, Textilien, Papier und Kunststoffen, Lebensmitteln und Medikamenten oder auch Pflastersteinen.Mehr als 1Million t/Jahr Titandioxid werden in der EU produziert. Titandioxid ist vielseitig gestaltbar und deswegen auch vielseitig einsetzbar. Zum einen kann es als mikroskaliges Pigment hergestellt und eingesetzt werden, zum anderen auch als Nanoobjekt. Auch seine Kristallstruktur kann variieren, weswegenmandieRutil-Modifikation und die Anatas-Modifikation unterscheidet. Am häufigsten wird Titandioxid als Weißpigment (Rutil-Modifikation mit Korngrößen im Mikrometerbereich) eingesetzt, weil es einfallendes Licht stark streuen und reflektieren kann und zu dem hoch UV-beständig ist. Daher ist es ein Standardpigment für weiße Dispersionsfarbenmit hoher Deckkraft ebenso wie für Lacke, Kunststoffe, Papier sowie Textilien. Unter der Kennzeichnung E171 kommt es auch als Lebensmittelzusatzstoff und in Zahncremes, in Kosmetika und in Medikamenten zur Anwendung. Nanoskaliges Titandioxid, das etwa um den Faktor 100
feinteiliger ist als die Pigmentform, wird nur für spezifische Anwendungen(Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor, Textilfasern, Holzschutzmittel) hergestellt und weist andere physikalische Eigenschaften auf. Mengenmäßig ist nanoskaliges Titandioxid von untergeordneter Bedeutung.



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: AbfallR 05/2020 (September 2020)
Seiten: 7
Preis: € 32,00
Autor: EMLE Gregor Alexander Franßen
 
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