In Siedlungsabfalldeponien entsteht bei der Umsetzung biogener Organik methanhaltiges Deponiegas, welches ein sehr großes Treibhausgaspotenzial aufweist. Dieses Deponiegas in ausreichender Form in einem heterogenen Haufwerk (Deponiekörper) adäquat zu erfassen, gestaltet sich, aus jahrzehntelangen Erfahrungen heraus, als äußerst schwierig (komplexes System eines physikalischen Aufbaus, Aktivierung biologischer und biochemischer Abbaubauprozesse,
unterschiedliche Temperatur- und Unterdruckniveaus, etc.).
Diverse Studien (u. a. Verbundvorhaben FKZ 37114 343170 2018) gehen ausführlich auf den Gashaushalt in Deponien, die rechnerische Bestimmung des Gaspotenzials, die Quantifizierung der Methanoxidation sowie die Bestimmung der theoretischen Methanemission in Siedlungsabfalldeponien (u. a. auch im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative) ein. In der jüngeren Vergangenheit sind zudem vermehrt Studien (u. a. Verbundvorhaben FKZ 37114 343170 2018) durchgeführt worden, die gastechnische Stabilisierungsmaßnahmen (sowohl anaerob als auch aerob; verschiedene Verfahren) vergleichen bzw. einen ersten Vergleichsmaßstab ('Benchmark') dazu ansetzen. Die Resultate der einzelnen Publikationen weisen naturbedingt eine sehr hohe Streuung der Messergebnisse auf, die einerseits in dem heterogenen Aufbau der jeweiligen Ablagerung gründen und andererseits in unterschiedlichen Methoden. Bei allen diesen Studien wurden jedoch überwiegend theoretische Ansätze zur Bestimmung des Gaserfassungsgrades angesetzt. Empirische Untersuchungen zur Bestimmung der wahrscheinlichen Gasproduktion und des Gaserfassungsgrades wurden weitgehend nicht
vorgenommen.
Das führt dazu, dass im Vergleich zwischen dem berechneten Gaspotenzial und dem Gaserfassungsgrad eine große Diskrepanz herrscht. Z. B. dokumentierte das Statistische
Bundesamt 2012 erstmalig die erfassten Deponiegasmengen und stellte sie den berechneten Gasmengen gegenüber (Stat. Bundesamt Deutschland, 2012). Das Resultat zeigt, dass die Erfassungsraten im Durchschnitt bei nur knapp 20 % liegen. Die Erfahrungswerte von CDM Smith sowie Einzelbetrachtungen von Deponiebetreibern zeigen jedoch eher einen realistisch erreichbaren Erfassungsgrad zwischen 40 und 50 % bei guter Gasfassungsanlage auf. Im UFOPlan wird dieses Ergebnis bestätigt (Verbundvorhaben FKZ 3715 411100 2018). Somit ist es umso wichtiger, den realistischen Gaserfassungsgrad anhand von gezielten Untersuchungen zu bestimmen. Gerade tiefere und gastechnisch nicht optimal erfasste Deponieabschnitte weisen noch erhebliche Gaspotenziale auf. Bei der Bestimmung des Gasbildungspotenzials und einer sich daraus ergebenden Methanemission mittels der gängigen Gasprognosemodelle fließen jedoch diese gastechnisch nicht erfassten Abfallmengen mit ein. Demzufolge wird das theoretische Gasbildungspotenzial deutlich zu hoch angesetzt. Der vorliegende Beitrag beschreibt neben der verbesserten Bestimmung des theoretischen Gasbildungspotenzials anhand verschiedener Gasprognosemodelle und unterschiedlicher Eingangsparameter auch die praktische Bestimmung des Gaserfassungsgrades durch gezielte Untersuchungsmaßnahmen.
Copyright: | © Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben |
Quelle: | Recy & Depotech 2022 (November 2022) |
Seiten: | 10 |
Preis: | € 5,00 |
Autor: | Dipl. - Ing. Biotech. Jürgen Forsting Prof. Dr. rer. nat. Frank Otto Dipl.-Chem. Jürgen Kanitz |
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