Die westdeutschen Kanäle sind eine Multifunktionsanlage, die zum einen die Schifffahrt auf den Wasserstraßen und zum anderen den Verbund von Lippe, Ruhr und Rhein ermöglicht mit dem Ziel, kostengünstiges Brauchwasser für Kraftwerke, Industrie- und Gewerbe sowie Wasserversorgungsunternehmen
aus den Kanälen bereitzustellen und die Niedrigwasserführung der Lippe in Trockenzeiten anzuheben. Der Wasserbedarf ist durch den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel einem Wandel unterworfen.
Der Abbau der Kohle an Ruhr und Emscher begünstigte die Ansiedelung von Handwerkern und Gewerbebetrieben zwischen Lippe und Ruhr. Die fortschreitende Industrialisierung erforderte zunehmend einen kostengünstigen Transport der Rohstoffe und produzierten Güter zu den Kunden. Da die Lippe durch Wehre und Schleusen schon für einen bescheidenen Schiffsbetrieb ausgebaut war, plante das Land Preußen zuerst, den Fluss zu kanalisieren und schiffbar zu machen. Letztlich entschied man sich aber, Kanäle für Transport und Schifffahrt zu bauen. So entstand zwischen 1899 und 1931 das westdeutsche Kanalsystem, der Dortmund-Ems-Kanal, der Rhein-Herne-Kanal sowie der Lippe-Seitenkanal, bestehend aus dem Datteln-Hamm-Kanal und dem Wesel-Datteln-Kanal. Kanäle sind künstliche Wasserstraßen, die durch Verdunstung und Versickerung ständig Wasser verlieren. Durch Schleusungsvorgänge fließt ebenfalls Wasser ab, das ersetzt werden muss. Der Wasserverlust wird durch Speisungswasser ausgeglichen. Im Fall der westdeutschen Schifffahrtskanäle wird dieses Wasser überwiegend aus der Lippe genommen. Aus der Scheitelhaltung bei Hamm fließt Wasser über eine Wasserverteilungsanlage in freiem Fall dem Datteln-Hamm-Kanal zu und von dort weiter zu den übrigen Kanälen. Zuerst hielt man eine Wassermenge von 2,2 m³/s unterhalb von Hamm für ausreichend, die die Lippe behalten durfte. Alles darüber sollte in das Kanalsystem fließen. Die wachsende Industrie machte es aber erforderlich, dass die Mindestwasserführung des Flusses mehrfach angepasst wurde. 1938 wurde sie auf 7,5 m³/s festgelegt.
Um weitere Betriebe anzusiedeln, gestattete man den Anliegern, ihren Betriebswasserbedarf mit Wasser aus den Kanälen zu decken.
Dieses Wasser stammt aus Lippe und Ruhr, war von guter Qualität und kostengünstig. Die Betriebe nutzten das Wasser für viele Zwecke, die keine Trinkwasserqualität erforderten. Zur Förderung des Wassers wurden Entnahmebauwerke errichtet und für den Fall einer Rückführung Einleitungsbauwerke.
Die sich schnell entwickelnde Industrie war Grund dafür, dass das Speisungswasser der Lippe für die Nutzung des Kanalnetzes Schifffahrt und Betriebswasserversorgung- bei weitem nicht mehr ausreichte. Beim Bau des Wesel-Datteln-Kanals wurden deshalb Rückpumpwerke an den Schleusen errichtet. Sie wurden später durch eine Pumpenkette am Rhein-Herne-Kanal erweitert. Wasser aus der Ruhrmündung oder vom Rhein konnte somit bis zur Scheitelhaltung nach Hamm hochgepumpt werden.
Nach dem Krieg nahm die Belastung der Lippe durch die aufblühende Wirtschaft immer weiter zu. Der Schifffahrtsverkehr auf den Kanälen und die Betriebswasserversorgung des Bundes erhöhten sich ebenfalls, so dass schließlich Maßnahmen erforderlich wurden, um einen Ausgleich zwischen Schifffahrt und Wasserwirtschaft herzustellen.
Copyright: | © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH |
Quelle: | Wasser und Abfall 05 (Mai 2021) |
Seiten: | 7 |
Preis: | € 10,90 |
Autor: | Dr.-Ing. Burkhard Teichgräber Michael Wette Guido Geretshauser Wolfgang König |
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