Satellitenüberwachung der Verformungen von Staumauern und Staudämmen

Seit 2014 beobachtet der Satellit Sentinel-1A des ESA-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus die Erdoberfläche. Die mit Hilfe der Persistent-Scatterer-Interferometrie erhobenen Daten werden durch den BodenBewegungsdienst Deutschland zur Verfügung gestellt. An Staumauern und Staudämmen können so mögliche Bewegungen überwacht werden. Im Vergleich mit trigonometrischen Messungen und Lotmessungen an der Möhnestaumauer zeigt sich, dass die Genauigkeit der Satellitendaten für die Überwachung einer Staumauer noch nicht ausreicht. Für Staudämme bieten sie jedoch die erforderliche Präzision.


1 Erdbeobachtung mit den Sentinel-Satelliten

Am 3. April 2014 startete der Satellit Sentinel-1A in die Erdumlaufbahn, als erster Satellit des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Der baugleiche Satellit Sentinel-1B startete am 25. April 2016. Die Radarinstrumente dieser beiden Sentinel-Satelliten (Sentinel deutsch: Wächter) ermöglichen die Überwachung der Erdoberfläche, unabhängig von Tageslicht und Wolkenbedeckung. Die Satelliten umkreisen die Erde in 700 km Höhe und tasten einen Streifen von bis zu 400 km Breite ab, in dem sie Objekte ab 5 m Größe erkennen können.

Das wichtigste Instrument beider Satelliten ist ein Radar vom Typ SAR (Synthetic Aperture Radar), dessen Strahlen durch die Vegetation bis zum Erdboden dringen können.

Wesentliche Beobachtungsziele sind Eisbeobachtungen in den Polarregionen, vulkanische Aktivitäten, Erdbeben, Erdrutsche, Überschwemmungen, das Aufspüren von Bodensenkungen und -hebungen sowie das Beobachten von Meeresoberflächen. Beide Satelliten zusammen können jeden Punkt der Erde alle sechs Tage kartieren. Falls benötigt, können die Daten anschließend innerhalb von einer Stunde zur Verfügung gestellt werden.

Die Missionsdauer von Sentinel-1A und -1B ist jeweils auf sieben Jahre ausgelegt. Der mitgeführte Treibstoff würde jedoch Verlängerungen um bis zu fünf Jahre ermöglichen [3].

2 Auswertungen des BodenBewegungsdienst Deutschland

Seit November 2019 stellt nun die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) den BodenBewegungsdienst Deutschland (BBD) zur Verfügung, der mit dem Ziel entwickelt wurde, Deformationen der Erdoberfläche darzustellen und Ursachen und Prozesse zu erkunden. Die Informationen sind öffentlich zugänglich. Das BBD-Portal enthält Persistent-Scatterer-Interferometrie-Daten (PSI deutsch etwa: ständige Rückstreumessung mit Wellenüberlagerung) der gesamten Fläche der Bundesrepublik Deutschland. Die PSI-Technologie ermöglicht präzise Messungen von Deformationen der Erdoberfläche im Bereich von Millimetern [4].

Die Rückstreuung erfolgt nicht an diskreten Messpunkten. Stattdessen werden die Rückstreuungen bestehender Strukturen, zum Beispiel von Hausdächern oder Gesteinsoberflächen genutzt. Aus diesem Grund sind auch die Daten im Wesentlichen in städtischen Gebieten oder an großen Bauwerken von guter Qualität, während beispielsweise in Waldgebieten kaum Daten erhoben werden können. Die Auswertung erfolgt über die Mittelung mehrerer Messungen, aus denen eine Zeitreihe berechnet wird. Als Ergebnis steht eine Bewegungsgeschwindigkeit zur Verfügung, die in Millimeter/Jahr angegeben wird.

Der BBD nutzt die Daten von Sentinel-1. Der Satellit sendet mittels seiner SAR-Antenne (Synthetic Aperture Radar) ein Radarsignal. Dieses Signal wird von der entsprechenden Fläche an der Erdoberfläche reflektiert, wobei eine Streuung entsteht. Die zurückerhaltene Signalstärke sowie eine mögliche Phasenverschiebung werden gemessen und ausgewertet. Die räumliche Auflösung an der Erdoberfläche beträgt im Mittel 5 m x 20 m.

Durch den Vergleich von zwei Phasen, die an unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen wurden, kann die Änderung der Entfernung zur Satellitenposition bestimmt werden. Hierbei müssen Störungen, wie atmosphärische Bedingungen usw. berücksichtigt werden. Mit einer statistischen Auswertung einer Zeitreihe mit einer Vielzahl von Messungen können Entfernungsänderungen oder deren zeitliche Variabilität mit guter Genauigkeit ermittelt werden.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasserwirtschaft - Heft 09 (September 2020)
Seiten: 4
Preis: € 10,90
Autor: Prof. Dr.-Ing. Volker Bettzieche
 
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