Für die klimaseitige Bewertung einer Strombereitstellung aus Wasserkraft müssen direkte und indirekte Treibhausgasemissionen (u. a. aus Bau, Instandhaltung, Rückbau) berücksichtigt werden. Mithilfe der Methode der Ökobilanzierung werden diese nachfolgend in Bezug auf 1 kWh erzeugten Strom ermittelt. Dazu wurden modellhaft Materialverbrauch, Stoff- und Energieflüsse sowie direkte und indirekte Emissionen verschieden großer deutscher Laufwasserkraftwerke quantifiziert.
1 Hintergrund
Im Jahr 2015 wurde auf der Weltklimakonferenz in Paris unter allen Mitgliedsstaaten vereinbart, den weltweiten durchschnittlichen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen [1]. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die EU verschiedene Maßnahmen mit ihren Mitgliedsstaaten vereinbart. Eine dieser Maßnahmen ist der Ausbau erneuerbarer Energien auf 27 % des gesamten Endenergieverbrauches bis 2030. Auch Deutschland hat sich diesen Zielen verpflichtet [2].
Um den Beitrag einer Stromerzeugungsoption aus erneuerbaren Energien zu prüfen und diesen in den Kontext mit anderen Möglichkeiten setzen zu können, werden aktuelle Daten über Lebenswegemissionen und -kosten des jeweiligen erneuerbaren Energieträgers benötigt. Deshalb werden im Folgenden die Treibhausgasemissionen der Stromerzeugung aus Wasserkraft präsentiert, die anhand von vier beispielhaft ausgewählten Kraftwerken in Deutschland berechnet wurden.
2 Status quo der Wasserkraft in Deutschland
Der Anteil der Wasserkraft an der Stromproduktion in Deutschland hat sich seit 1990 nur geringfügig erhöht. 1990 belief sich die erzeugte elektrische Energie aus Wasserkraft auf etwas mehr als 17 TWh/a. Heute liegt sie bei rund 20 TWh/a - mit leichten Schwankungen infolge unterschiedlicher Umweltbedingungen [3]. Die insgesamt installierte Wasserkraftleistung betrug 2018 rund 6,3 GW [4]. Die weiteren Ausbaumöglichkeiten sind allerdings begrenzt; über 80 % des technisch nutzbaren Ausbaupotenzials wird bereits genutzt [5]. Trotzdem ist die Wasserkraft ein wichtiger Bestandteil der erneuerbaren Grundlastabdeckung in Deutschland. Während die Verfügbarkeit anderer erneuerbarer Energien, wie Windkraft oder Photovoltaik, stark von den aktuellen Wetterverhältnissen abhängt, sind Fließgewässer eine relativ beständige Quelle erneuerbarer Energie. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer weitestgehend konstanten Grundlaststromerzeugung.
Die Anzahl der Wasserkraftwerke (WKW) dürfte in Deutschland bei etwa 7 600 Anlagen liegen [4]. Über 90 % der Anlagen sind Kleinanlagen mit einer elektrischen Leistung unter 1 MW. Der größte Teil der installierten Leistung entfällt jedoch mit etwa 80 % auf größere Wasserkraftwerke mit einer Leistung von mehr als 1 MW [4].
Copyright: | © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH |
Quelle: | Wasserwirtschaft - Heft 05 (Mai 2020) |
Seiten: | 5 |
Preis: | € 10,90 |
Autor: | Köhler Jonas Dr. Anne Rödl Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt |
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