Intakte Gewässer mit naturnahen Strukturen sind die Lebensadern der Natur. Europäische und nationale
Wasser- und Naturschutzgesetze stellen den Schutz und die naturnahe Entwicklung der Gewässer in
den Mittelpunkt einer Strategie zur Herstellung intakter Naturräume. Die Fließgewässerentwicklung
konzentriert sich aus Kostengründen und wegen eigentumsrechtlicher Probleme oft auf das Gewässerbett
und steht häufig in Konflikt mit den Nutzungsansprüchen an die Gewässer. So bleibt häufig nur
wenig Raum für die gewünschte ökologische Entwicklung.
Seit Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft (WRRL) im Jahre 2000 findet ein umfassender Prozess zur ökologischen Verbesserung der Gewässer statt. Trotz erheblichem Aufwand für Geld und Personal befinden sich in Deutschland erst rd. 10 % der berichtspflichtigen Gewässer in einem guten ökologischen Zustand bzw. weisen ein gutes ökologisches Potential auf, in Niedersachsen sind es nur rd. 2 % (Bild 1).
Der Dritte und letzte Bewirtschaftungszyklus beginnt im Jahre 2021 und die Fachbehörden der Bundesländer bereiten derzeit die konkrete Maßnahmenplanung vor. Es ist absehbar, dass eine nennenswerte Verbesserung bis 2027 nur möglich sein wird, wenn wirksame Maßnahmen im Gewässerprofil erfolgreich umgesetzt werden können. Entwicklungsmaßnahmen mit baulichen Veränderungen der Gewässer und ihrer Auen lassen sich, wegen der hohen Kosten und dem erheblichen Flächenbedarf, nicht in ausreichendem Umfang, umsetzen. Deshalb wird man sich gerade in Niedersachsen auf Maßnahmen im Gewässerbett, die sich möglichst mit der Gewässerunterhaltung verbinden lassen, konzentrieren. Die Möglichkeiten der Gewässerentwicklung im Rahmen der Unterhaltung werden jedoch häufig überschätzt, weil selbst bei den Fachbehörden oft nur ein oberflächliches Wissen über die Gewässerunterhaltung vorhanden ist.
Nachfolgend werden die Grundlagen und Randbedingungen für die Gewässerunterhaltung und deren Möglichkeiten dargestellt. Grundlage dieses Artikels ist der 'Leitfaden zur Gewässerunterhaltung in Niedersachsen" [1], der vom Wasserverbandstag Bremen Niedersachsen Sachsen-Anhalt e. V. (WVT) im März 2020 herausgegeben wurde.
Rückblick und gesetzlicher Kontext
Niedersachsen hat mit insgesamt rund 160.000 km Länge von allen Bundesländern das längste und dichteste Gewässernetz. Über 80 % der Gewässer sind künstlich oder erheblich verändert, so dass die niedersächsischen Gewässer den höchsten Ausbaugrad in den Flächenländern aufweisen. Gründe dafür sind neben der landwirtschaftlichen Flächennutzung auch die industrielle Entwicklung ab Mitte des 19. Jahrhunderts, die Siedlungsentwicklung der Städte und die Urbanisierung des ländlichen Raums. Die umfassenden Veränderungen der Gewässer haben eine erhebliche Unterhaltungslast zur Abflusssicherung zur Folge. Das sind keine guten Voraussetzungen für die ökologische Entwicklung der Gewässer.
Copyright: | © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH |
Quelle: | Wasser und Abfall 05 (Mai 2020) |
Seiten: | 8 |
Preis: | € 10,90 |
Autor: | Dipl.-Ing. Ulrich Ostermann |
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