Polder Löbnitz - ein länderübergreifendes Hochwasserschutzprojekt

Nach dem Augusthochwasser 2002 wurde für die Mulde in Sachsen ein neues Hochwasserschutzkonzept erarbeitet. Es sieht eine differenzierte Schutzzielbetrachtung vor. Der Flutpolder Löbnitz ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Hochwasserstrategie. Nach Fertigstellung des Polders werden 1 500 ha ehemalige Flussaue bei mittleren Hochwasserereignissen wieder aktiviert. Neben der lokalen Wirkung des Flutpolders auf die Wasserspiegellagen der Mulde besitzt der Polder auch eine länderübergreifende Wirkung bis zur Elbemündung in Sachsen-Anhalt.

1 Situationsbeschreibung
Zwischen 2002 und 2013 kam es im Muldegebiet zu mehreren mittleren und großen Hochwasserereignissen. Bereits während des großen Hochwassers im August 2002 zeigte sich, dass das vorhandene Schutzsystem von Deichen aus den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts bei großen Abflüssen keinen ausreichenden Schutz bietet. Charakteristisch für den Gewässerverlauf der Mulde ab der Ortslage Wurzen ist ein weitgehend naturnaher Flussverlauf mit Mäandern sowie sich ständig verändernden Gleit- und Prallhängen. Die mehrere Kilometer breite Flussaue ist hier von zahlreichen Altgewässern durchzogen. Wegen der wertvollen und fruchtbaren Böden wurde die Aue zum Schutz der intensiven Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten durch flussnahe Deiche vom Gewässer abgekoppelt. Damit wurden große Retentionsflächen des Gewässers vernichtet. Oberhalb von Wurzen fließt die Mulde in engen Tälern ohne wesentlich wirksame Retentionsräume in ausgebauten Profilen dicht neben Siedlungsgebieten. Durch die Größe des fast 7 400 km² großen Einzugsgebiets und des hohen Sohlengefälles kommt es bei Starkniederschlägen schnell zu hohen Abflussspitzen mit sehr kurzer Vorwarnzeit der Hochwasserwellen. Größere Ortschaften entlang des Muldelaufs, wie Döbeln, Grimma, Wurzen, Eilenburg, Bad Düben, Bitterfeld-Wolfen, Jessnitz, Raguhn und Dessau-Roßlau, haben sich vom Rand der Aue bis direkt an den Fluss entwickelt und in den letzten 100 Jahren ein erhebliches Gefahrenpotenzial bei großen Hochwasserereignissen geschaffen. Während des Augusthochwassers 2002 wurden am Pegel Golzern bei Grimma ca. 2 700 m³/s registriert. Das entspricht etwa einem Hochwasser mit einer Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 200 Jahren (HQ200). Der Mittelwasserabfluss beträgt an diesem Pegel ca. 60 m³/s. Wegen der Überlastung der Hochwasserschutzanlagen kam es im Muldeverlauf in Sachsen zu 95 Deichbrüchen. Die Mulde eroberte sich dadurch ihr altes, über Jahrhunderte benutztes Abflussgebiet zurück. Die Folge waren verheerende Verwüstungen in den Ortschaften und an der wichtigen Infrastruktur sowie große Erosionsschäden auf landwirtschaftlichen Flächen.
Durch die Wasserwirtschaftsverwaltung des Freistaates Sachsen wurde in Auswertung dieses Ereignisses ein neues Hochwasserschutzkonzept für die Mulde erarbeitet, dessen Ziel die Erhöhung der Retentionsräume und ein verbesserter Schutz der Siedlungen und der Infrastruktur ist. Eine differenzierte Schutzzielbetrachtung spielt dabei eine große Rolle.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasserwirtschaft - Heft 04 - 2019 (Mai 2019)
Seiten: 4
Preis: € 10,90
Autor: Dipl.-Ing. Axel Bobbe
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Bedeutung und Grenzen der Produktverantwortung für den Klimaschutz
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (6/2024)
Klimaschutz prägt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht durchgehend. Er spielt etwa eine mehrfache Rolle bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen.1 Umgekehrt hat die Kreislaufwirtschaft eine sehr bedeutsame Rolle für den Klimaschutz. Das BVerfG spricht in seinem Klimabeschluss eigens die Änderung von Produktionsverfahren zur Klimaneutralität an: Der Gesetzgeber muss u.a. frühzeitig aufzeigen, welche Produkte erheblich umzugestalten sind. Zwar hat er dabei eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Jedoch ist eine Politik zu entwickeln, die insgesamt die selbst gesetzten Klimaziele zu erreichen verspricht.

Pumpspeicher - Besser als ihr Ruf?
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (4/2024)
Gemäß der Taxonomie-Verordnung müssen Pumpspeicher als einzige Energiespeichertechnologie nachweisen, dass ihre Treibhausgasemissionen während ihres Lebenszyklus geringer als 100 g CO2 pro kWh sind. Nachfolgend werden Lebenszyklusanalysen eines Pumpspeichers, einer Batterie sowie eines Wasserstoffspeichers durchgeführt und miteinander verglichen. Darüber hinaus wird auf den zukünftigen Rohstoffbedarf sowie geo-, ressourcen- und industriepolitische Herausforderungen durch die neuen Energiespeichertechnologien hingewiesen.

Erfahrungen bei der Beratung von Vergärungs- und Kompostierungsanlagen
© Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH (4/2024)
Die Verwendung von Biogut- und Grüngutkompost ist eine Möglichkeit, Nährstoffdefizite im Ökolandbau zu vermeiden sowie die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und sogar zu steigern.