Die deutsche Chemie- und Kunststoffindustrie ist bislang vollständig bis überwiegend von Primärrohstoffen abhängig. Künftig wird es darauf ankommen, die Energieversorgung von der Stoffversorgung insbesondere mit Kohlenstoff zu trennen. Während die Energieversorgung dekarbonisiert werden muss, wird es bei der Stoffversorgung um Rekarbonisierung - die technische Kreislaufführung von Kohlenstoff - gehen. Hierzu kann die Nutzung von CO2 als Rohstoff einen wichtigen Beitrag leisten. Welche Gegebenheiten dabei zu beachten sind und wie bereits verfügbare Technologien ökobilanziell zu bewerten sind, wird in diesem Beitrag vorgestellt.
In Deutschland ist die Kreislaufwirtschaft vor allem in der metallverarbeitenden Industrie weit entwickelt. So sind die hier verbrauchten Weißblechverpackungen 2016 zu über 90 % verwertet worden (GVM 2017), die Rohstahlproduktion hat im langjährigen Mittel eine Sekundär-Inputrate von 45 %, die Nichteisenmetallindustrie verwendet zur Hälfte rezykliertes Material (BDE 2018). Im Bereich der Chemieindustrie beginnt man dagegen gerade erst, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit Kreislaufwirtschaft für sie relevant ist. Die Kunststoffindustrie praktiziert seit einigen Jahren für bestimmte Produktsegmente ein werkstoffliches Recycling und ist durch die aktuelle Diskussion um Folgen der dissipativen Verteilung ihrer Abfälle in der Umwelt verstärkt herausgefordert, nach mehr geschlossenen Kreisläufen Ausschau zu halten. Chemie- und Kunststoffindustrie verwenden fossile Rohstoffe, vorwiegend Erdöl und Erdgas als kombinierte Quelle von Kohlenstoff und Energie. Das wird sich künftig ändern müssen, wenn die Klimaschutzziele erreicht werden sollen. Ein Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe hilft dabei nicht weiter, denn die verfügbaren Agrarflächen reichen weltweit kaum aus, um die Weltbevölkerung zu ernähren (UNEP 2014) und die Kapazitäten im Forstbereich sind ebenfalls begrenzt (O´Brien und Bringezu 2017). Daher wird der Chemie- und Kunststoffindustrie gar nichts anderes übrigbleiben, als ihre Versorgung mit Kohlenstoff zunehmend auf Recyclingwegen sicherzustellen. Dieser Beitrag beleuchtet zunächst den Status quo der Kohlenstoffflüsse in der deutschen Chemie- und Kunststoffindustrie. Er skizziert dann die Hauptelemente einer Vision nachhaltiger Energie- und Kohlenstoffversorgung und fokussiert dann auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der Nutzung von CO2 als Rohstoff, als einer der künftig wichtigen Recyclingpfade von Kohlenstoff.
Copyright: | © Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH |
Quelle: | 31. Abfall- und Ressourcenforum 2019 (April 2019) |
Seiten: | 12 |
Preis: | € 6,00 |
Autor: | Prof. Dr. Stefan Bringezu Simon Kaiser |
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