Das Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle hat lange Zeit wenig praktische Relevanz in der Abfallwirtschaft entfaltet, obwohl es bereits in der RL 91/689/EWG enthalten war. Mit der gesetzlichen Verankerung in § 9 Abs. 2 KrWG für die Verwertung und in § 15 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 KrWG für die Beseitigung hat der Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 18 AbfRRL das ursprünglich eher als Programmsatz ausgestaltete Vermischungsverbot der früheren Richtlinie in den Gesetzesrang erhoben und die Bedeutung des Vermischungsverbotes hiermit nachhaltig unterstrichen.
Das ist in Praxis und Vollzug noch nicht überall 'angekommen', wie jüngst die Debatte um HBCD-haltige Dämmstoffplatten eindrucksvoll gezeigt hat. Die Anwendung der AVV auf HBCD-haltige Wärmedämmstoffe hatte in einer Vielzahl von Bundesländern erhebliche Probleme bei der Entsorgung bereitet, insbesondere bei kleinen mittelständischen Bau-, Abbruch- und Dachdeckerbetrieben. Das hat schließlich dazu geführt, dass mit der Änderung der AVV vom 27.12.2016 die seit dem 30.9.2016 geltenden Einstufungsregeln für HBCD-haltige Abfälle bis Ende 2017 ausgesetzt worden sind, sodass diese Abfälle nunmehr wieder als nicht gefährliche Abfälle entsorgt werden können. Konsequenz dieser Änderung ist, dass das Vermischungsverbot für diese ‒ nicht mehr als gefährlich eingestuften ‒ Abfälle in der Zeit des Moratoriums nicht (mehr) gilt. Frei nach dem Grundsatz 'Not kennt kein Gebot' hatten allerdings schon zuvor einige Bundesländer durch Erlass das Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle insoweit kurzerhand für obsolet erklärt, und zwar mit der bemerkenswerten Begründung, dass in den Fällen, in denen eine stoffliche Verwertung ohnehin nicht möglich ist, eine Ausnahme vom Vermischungsverbot angezeigt sei, denn nur dann könne 'das HBCD-haltige Material vollständig verbrannt und zerstört werden'. Fachlich war und ist das in dieser pauschalen Form nicht überzeugend, aber relevanter ist, dass diese Regelungen bezogen auf das Vermischungsverbot offenkundig gesetzeswidrig waren, denn durch Erlass können gesetzliche Regelungen bekanntlich nicht außer Kraft gesetzt werden. Die Erlasspraxis zeigt zugleich, dass das Vermischungsverbot trotz des Gesetzesranges, in den es durch das KrWG erhoben wurde, nicht überall wirklich ernst genommen wird.
Copyright: | © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH |
Quelle: | Heft 02 - 2017 (März 2017) |
Seiten: | 11 |
Preis: | € 32,00 |
Autor: | Jörg Rüdiger |
Diesen Fachartikel kaufen... (nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links) | |
Artikel weiterempfehlen | |
Artikel nach Login kommentieren |
Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (8/2024)
Überblick über und Diskussion der Maßnahmen zum beschleunigten Ausbau
der Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland
Die innerstaatliche Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens
- ein Rechtsvergleich
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (8/2024)
Like all public international law treaties, the Paris Climate Accords rely on national law for their implementation. The success of the agreement therefore depends, to a large extent, on the stepstaken or not taken by national governments and legislators as well as on the instruments and mechanisms chosen for this task. Against this background, the present article compares different approaches to the implementation of the Paris Agreement, using court decisions as a means to assess their (legal) effectiveness.
Klimaschutzrecht und Erzeugung erneuerbarer Energien in der Schweiz
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (8/2024)
Verschachtelte Gesetzgebung unter politischer Ungewissheit