Vergabefreie Gründung und Aufgabenübertragung auf Zweckverbände

Am 30.6.2016 hat Generalanwalt Mengozzi im Verfahren über ein Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Celle seine Schlussanträge gestellt. Das Verfahren betrifft im Kern die Frage, ob die Aufgabenübertragung von einer Gebietskörperschaft auf einen Zweckverband ein interner Staatsorganisationsakt ist, der nicht vom Vergaberecht erfasst wird.
Der Generalanwalt schlägt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, auf die Frage des OLG Celle zu antworten, dass die Gründung von und Aufgabenübertragung auf eine Einrichtung des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit kein öffentlicher Auftrag ist, wenn die Aufgabenübertragung erfolgt, ohne dass ein Entgelt vereinbart wird.

Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens - die Region Hannover - hat gemeinsam mit der Landeshauptstadt Hannover im Jahr 2002 den Beigeladenen des Ausgangsverfahrens - den Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover - gegründet und dem Beigeladenen die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sowie der Straßenreinigung übertragen. Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens - die Remondis GmbH & Co. KG Region Nord - hat im Jahr 2012 Interesse angemeldet, die Einsammlung und den Transport von PPK-Abfällen in der Region Hannover zu übernehmen.

Die Gründung des Zweckverbandes sowie die Aufgabenübertragung hielt die Antragstellerin für unwirksam, da es sich um eine verbotene de-facto-Vergabe handele. Öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei vielmehr nach wie vor die Region Hannover. Diese sei verpflichtet, die ihr obliegenden Entsorgungsdienstleistungen auszuschreiben. Die Antragsgegnerin als potenzielle Bieterin reichte deshalb einen Nachprüfungsantrag ein.

Nachdem zunächst die Vergabekammer in erster Instanz den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen hatte, sah sich das OLG Celle veranlasst, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH vorzulegen. Das OLG Celle legte dem EuGH zwei Fragen vor: Zum einen will das Gericht erfahren, ob eine Vereinbarung zwischen zwei Gebietskörperschaften, auf deren Grundlage die Gebietskörperschaften durch Satzungen einen gemeinsamen Zweckverband mit eigener Rechtspersönlichkeit gründen, der fortan bestimmte Aufgaben, die bislang den beteiligten Gebietskörperschaften oblegen haben, in eigener Zuständigkeit wahrnimmt, einen öffentlichen Auftrag darstellt. Mit der zweiten Frage möchte das Gericht geklärt wissen, ob für den Fall, dass es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, die Grundsätze des Inhouse-Geschäfts oder der kommunalen Kooperation Anwendung finden.



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 04 - 2016 (August 2016)
Seiten: 5
Preis: € 32,00
Autor: RA Wolfgang Siederer
Rechtsanwalt Linus Viezens
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Bedeutung und Grenzen der Produktverantwortung für den Klimaschutz
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (6/2024)
Klimaschutz prägt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht durchgehend. Er spielt etwa eine mehrfache Rolle bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen.1 Umgekehrt hat die Kreislaufwirtschaft eine sehr bedeutsame Rolle für den Klimaschutz. Das BVerfG spricht in seinem Klimabeschluss eigens die Änderung von Produktionsverfahren zur Klimaneutralität an: Der Gesetzgeber muss u.a. frühzeitig aufzeigen, welche Produkte erheblich umzugestalten sind. Zwar hat er dabei eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Jedoch ist eine Politik zu entwickeln, die insgesamt die selbst gesetzten Klimaziele zu erreichen verspricht.

Pumpspeicher - Besser als ihr Ruf?
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (4/2024)
Gemäß der Taxonomie-Verordnung müssen Pumpspeicher als einzige Energiespeichertechnologie nachweisen, dass ihre Treibhausgasemissionen während ihres Lebenszyklus geringer als 100 g CO2 pro kWh sind. Nachfolgend werden Lebenszyklusanalysen eines Pumpspeichers, einer Batterie sowie eines Wasserstoffspeichers durchgeführt und miteinander verglichen. Darüber hinaus wird auf den zukünftigen Rohstoffbedarf sowie geo-, ressourcen- und industriepolitische Herausforderungen durch die neuen Energiespeichertechnologien hingewiesen.

Erfahrungen bei der Beratung von Vergärungs- und Kompostierungsanlagen
© Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH (4/2024)
Die Verwendung von Biogut- und Grüngutkompost ist eine Möglichkeit, Nährstoffdefizite im Ökolandbau zu vermeiden sowie die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und sogar zu steigern.