Ein mehrdimensionales Computermodellsystem zur Simulation und Bewertung der hydromorphologischen Prozesse und der Fischhabitateignungen sowie deren Verbesserungspotenziale in großen Flüssen wird vorgestellt. Das Werkzeug zeigt die Möglichkeiten moderner Programme auf und illustriert deren Einsatz sowie Vorteile für entsprechende Untersuchungen am Beispiel des Hochrheins. Die Ergebnisse zeigen, dass mit solchen Werkzeugen geplante Flussbaumaßnahmen auf deren Erfolg und Kosteneffizienz untersucht werden können und dass Sohlen- und Habitatänderungen im Fluss nicht aus Sicht einer 'Mittelwertsoptik' gesehen und beurteilt werden dürfen, sondern dass in den entsprechenden Prozessen eine hohe Dynamik stattfindet und zu berücksichtigen ist.
Die Hochrheinstrecke zwischen Bodensee und Rhein kann in zwei Abschnitte unterteilt werden: In einen oberen, vom Bodensee bis zur Mündung der voralpinen Thur bei Andelfingen, und in einen unteren Abschnitt bis zur Landesgrenze bei Basel. Während im oberen Abschnitt keine großen Geschiebeumlagerungen zu erwarten sind, fanden im unteren Abschnitt früher große Umlagerungen statt. Ab 1900 wurden im Rhein allerdings elf Staustufen gebaut, so dass heute nur noch vier frei fließende Flussstrecken existieren, innerhalb derer die hydromorphologischen Prozesse durch den Kraftwerksbau kaum beeinflusst sind. Die übrigen Strecken sind entweder Stauhaltungen oder Ausleitungsstrecken. Dies in Verbindung mit der zunehmenden Verbauung der Zuflüsse und Ufer führt zu einer Unterbrechung des Fließgewässerkontinuums und zu einer weitgehenden Unterbindung der natürlichen, dynamischen Prozesse mit vielschichtigen Auswirkungen auf die Hydromorphologie und die Fischfauna. So hat beispielsweise der Gesamtfang von Äschen im Hochrhein seit den 90er-Jahren drastisch abgenommen.
Da der Hochrhein in den kommenden Jahren wieder vermehrt für das Geschiebe durchgängig gemacht werden soll, wurde durch das schweizerische Bundesamt für Energie und das baden-württembergische Regierungspräsidium in Freiburg eine Arbeitsgemeinschaft mit einer Studie beauftragt, an der neben zwei privaten Auftragnehmern (Flussbau AG, WFN - Wasser Fisch Natur) auch die TU München mit Geschiebe- und Fischhabitat-Berechnungen beteiligt war. Der Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU München hat eine mehrdimensionale Modellierung des rund 50 km langen Bereichs zwischen Reckingen und Ryburg-Schwörstadt durchgeführt. Dabei wird u. a. eine Reaktivierung des Geschiebetransports und damit eine Verbesserung der Habitat-Bedingungen für die gefährdete Äsche angestrebt. Als Aktivierungsmaßnahmen für das Geschiebe wurden Stauabsenkungen während Hochwasser, aber auch Geschiebezugaben stromabwärts von Wasserkraftanlagen untersucht. Ebenfalls wurden Untersuchungen durchgeführt, inwiefern die Habitat-Bedingungen für Äschen durch Geschiebezugaben unterschiedlicher Volumina sowie mit selektiver und optimierter Kornverteilungskurve verbessert werden können. Die erzielten Berechnungsergebnisse zeigen die Dynamik in Stauräumen während eines Hochwassers sowohl in Bezug auf die Geschiebebewegungen als auch auf die Habitat-Änderungen auf.
Copyright: | © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH |
Quelle: | Wasserwirtschaft 07-08/2015 (August 2015) |
Seiten: | 6 |
Preis: | € 10,90 |
Autor: | Dr.-Ing. Minh Duc Bui Prof. Dr. Peter Rutschmann |
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