Zero Waste ... Ende oder Zukunft der Abfallwirtschaft?

Seit der Begriff Mitte der 1970er Jahre in den Sprachgebrauch gelangte, wurde "Zero Waste" sowohl positiv als auch negativ besetzt verwendet, und es entwickelten sich mehr oder weniger sinnvolle Initiativen, Programme oder auch Geschäftsmodelle. "Cradle to Cradle" ist ein bekanntes Zertifizierungsunternehmen, das in seiner Philosophie an einer Zukunft arbeitet, in der wirtschaftliche, technologische und soziale Prozesse keine negativen Auswirkungen für Mensch und Umwelt haben. Auch das Unternehmen "Van Gansewinkel" hat sich diesem Konzept verschrieben und bewirbt es unter dem Schlagwort "No Waste". Mittlerweile ist es zum beliebten Unternehmensziel im Bereich des Nachhaltigkeitsmanagements geworden. Wie immer bleibt die Frage der Definition. Die Auslegung des Begriffs "Zero Waste" ist höchst unterschiedlich und endet leicht im Bereich des sog. Greenwashing. Damit ist aber auch das Potential zur Differenzierung gegeben, da die Glaubwürdigkeit und Leistungsfähigkeit der angebotenen Lösungen über den Erfolg entscheiden.

Der Begriff "Zero Waste" wird vielfach mit der Perspektive einer vollständigen Kreislaufwirtschaft in Verbindung gebracht, die mithin als illusorisch bezeichnet wird (Bertram 2013). Dies ist vom Standpunkt der Abfallwirtschaft durchaus nachvollziehbar, da die politische Forderung nach einer Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft Richtung vollständiger Kreislaufwirtschaft mit geschlossenen Materialkreisläufen aus einer Position am Ende unseres Wirtschaftssystems heraus in ihrer Erreichbarkeit von vornherein beschränkt ist. Zurecht wird unter den gegebenen Rahmenbedingungen und abfallwirtschaftlichen Aufgaben auf die Ausschleusungs- und Konzentrationsfunktion in Bezug auf Schadstoffe hingewiesen, die nur allzu oft dazu beiträgt, dass die Abfallwirtschaft und ihr Entwicklungspotential auf ihren Beitrag zur Schonung der Rohstoff- und
Energiereserven beschränkt wird.

Die Entsorgungsbranche stellt sich allem zum Trotz der Herausforderung, ihren Platz in einer gesamthaften Ressourcen- und Kreislaufwirtschaft zu finden. Diese steht im Kontrast zu einer End-of-pipe angesiedelten abfallwirtschaftlichen Kreislaufwirtschaft. Hierbei wird zumeist eine Perspektive der Abfallvermeidung angewandt, die nicht in der Lage ist, über die Grenzen der Abfallwirtschaft hinaus zu denken. Ein Ansatz, der bereits bei frühen Stufen der zugrundeliegenden Lebenszyklusstufen außerhalb der eigentlichen Abfallwirtschaft ansetzt, wird nur selten vertreten. So werden Bereiche wie Design for Disassembly, Design for Recycling oder Design for Environment meist von den ProduzentInnen selbst oder spezialisierten Beratungsunternehmen abgedeckt. Dabei ist gerade dies der Einstiegspunkt für bestehende abfallwirtschaftliche Dienstleistungen und deren Ausbau und Weiterentwicklung in Richtung "Zero Waste". Durch die Entwicklung und Umsetzung intelligenter Systemlösungen zusammen mit Produzent-Innen zur Schließung von Produkt- und Materialkreisläufen und Erhaltung von Werten entlang der verschiedensten Lebenszyklusstufen gelingt der Paradigmenwechsel innerhalb dessen es keine Entledigungsabsicht seitens der ProduzentInnen mehr gibt. In einem ersten Schritt bedeutet das, die im Kreislauf befindlichen Stoffe und Produkte in den Produktionsprozess wieder einzusetzen. Damit ist es die Aufgabe von Unternehmen der Ressourcen- und Kreislaufwirtschaft, die bestehenden Sammelsysteme in Richtung Reverse-Logistics-Netzwerke weiterzuentwickeln und durch ihre Aufbereitungs- und Recyclingschritte dergestalt aufzuwerten, damit die Rohstoffe im Sinne des Kapazitätenmodells nicht am Abfallmarkt entsorgt, sondern am Rohstoffmarkt gehandelt werden können (Klampfl-Pernold et al. 2012).



Copyright: © Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben
Quelle: Depotech 2014 (November 2014)
Seiten: 8
Preis: € 4,00
Autor: DI Ralf Mittermayr
Mag. Dr. Hannes Klampfl-Pernold
S. Siegl
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.

Zur Berücksichtigung globaler Klimafolgen bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (9/2025)
Der Text untersucht, wie Klimafolgenprüfungen bei Deponien und Abfallanlagen rechtlich einzuordnen sind. Während das UVPG großräumige Klimaauswirkungen fordert, lehnt das BVerwG deren Prüfung im Immissionsschutzrecht ab. Daraus ergeben sich offene Fragen zur Zulassung und planerischen Abwägung von Deponien.

In-situ-Erhebung der Schädigung von Fischen beim Durchgang großer Kaplan-Turbinen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (9/2025)
Schädigungen der heimischen Fischarten Aitel, Nase und Äsche bei der Turbinenpassage wurde mittels HI-Z-Tags an zwei mittelgroßen Laufkraftwerken untersucht. Bei juvenilen Fischen wurden Überlebensraten (48 h) zwischen 87 % und 94 % gefunden, bei den adulten Fischen zwischen 75 % und 90 %. Die geringeren Schädigungen am Murkraftwerk im Vergleich zum Draukraftwerk können plausibel durch eine geringere Zahl an Turbinenflügeln (vier statt fünf), eine geringere Fallhöhe und eine etwas langsamer laufende Turbine erklärt werden.