Klimapolitik nach Doha - Hindernisse in Lösungen verwandeln

Frust dominiert: Die internationalen Klimaverhandlungen kommen nicht richtig vorwärts. Zehntausende reisende Unterhändler, drängende NGOs und kommentierende Journalisten und allenthalben Frust, da der Umfang an Klimagasemissionen unentwegt wächst. Viele Beobachter haben das Zwei-Grad-Ziel längst aufgegeben und argumentieren nicht mehr für mehr Klimaschutz, sondern für den Schutz der Bevölkerung vor den Folgen einer nicht mehr zu verhindernden Klimakatastrophe.

Gibt es noch eine Chance?
Es gibt noch eine Chance, aber nicht mehr unter Beibehaltung der bisherigen Verhandlungslogik. Die Zeit ist über sie hinweg gegangen, die Bedingungen haben sich fundamental verändert. Jetzt helfen allenfalls noch neue Ansätze: mehr systemische Intelligenz, die die Weltgemeinschaft aus dem Hamsterrad der bis-herigen Verhandlungslogik herausbringt.
 
Eine Bilanz hat zwei Seiten
Die bisherige Verhandlungslogik zielt auf die Drosselung der weltweiten Klimagasemissionen auf ein genügend niedriges Niveau, um insgesamt im Rahmen eines sich ständig verringernden Gesamtbudgets noch zulässiger Emissionen zu verbleiben. Gestritten wurde all die Jahre über die Größe des Gesamtbudgets, seine Aufteilung auf die Staaten und begleitende Finanztransfers von Nord nach Süd. Ein tragfähiger Kompromiss kam nie zustande. Heute ist ein Klimaabkommen gemäß dieser Logik sachlich unmöglich, weil die Drosselung mittlerweile so weit gehen müsste, dass sie weltweit den Wohlstand und in den aufholenden Ländern die legitimen Wachstumsambitionen verunmöglichen würde. Das kann keine politische Führung gegenüber ihrer Bevölkerung verantworten. Der Wohlstand der Gegenwart ist kurzfristig wichtiger als potenzielle Klimaprobleme in der Zukunft.

Deshalb braucht die Welt einen neuen Verhandlungsansatz und einen starken Joker, verbunden mit der Erkenntnis, dass das Beharren auf dem bisherigen Lö-sungsansatz zum ultimativen Klimarisiko wird. Eine immer stärkere Drosselung unter Beachtung des immer kleiner werdenden Restbudgets an verkraftbaren Emissionen reicht nicht mehr aus. So viel wie notwendig wäre kann kurzfristig gar nicht gedrosselt werden. Die neue Aufgabe besteht darin, den CO2-Gehalt der Atmosphäre aktiv zu managen. Die CO2-Bilanz hat zwei Seiten, nicht nur die Seite der Klimagasemissionen, sondern auch die Seite des Herausholens von CO2 aus der Atmosphäre. Letzteres muss in Zukunft massiv geschehen, um Zeit zu gewinnen für den natürlich nach wie vor unverzichtbaren Umbau der weltweiten Wertschöpfungssysteme.
 
Quelle: Klimapolitik nach Doha
Bild: mikado-online.de



Copyright: © Eigenbeiträge der Autoren
Quelle: Jahrgang 2012 (Dezember 2012)
Seiten: 5
Preis: € 0,00
Autor: Univ.-Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher
 
 Artikel nach Login kostenfrei anzeigen
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern strebt bis 2040 Klimaneutralität an. Die Entwässerung der Moore verursacht knapp 30 % der landesweiten Treibhausgasemissionen - hier ist dringender Handlungsbedarf. Seit 2023 fördern AUKM-Programme die Anhebung von Wasserständen in landwirtschaftlich genutzten Mooren. Es zeigen sich viele Fortschritte, die aber weiterhin auf Genehmigungs-, Finanzierungs- und Koordinationshürden stoßen.

Paludikultur als Chance für Landwirtschaft, Bioökonomie und Klima
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Wirtschaftliche Perspektiven sind notwendig, um die Landwirtschaft für die Umstellung von entwässerter Moorboden-Bewirtschaftung auf nasse Moornutzung zu gewinnen. Paludikultur-Rohstoffe bieten großes Potenzial für Klima und Bioökonomie. Erste marktfähige Anwendungen zeigen, dass sich etwas bewegt.

Die Revitalisierung von Mooren erfordert ein angepasstes Nährstoffmanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Globale Herausforderungen wie der fortschreitende Verlust der biologischen Vielfalt, die Eutrophierung von Gewässern und die zunehmenden Treibhausgasemissionen erfordern die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen von Mooren. Bis jedoch langjährig entwässerte und intensiv genutzte Moore wieder einen naturnahen Zustand erreichen und ihre landschaftsökologischen Funktionen vollständig erfüllen, können Jahrzehnte vergehen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die hohen Nährstoffüberschüsse im vererdeten Oberboden.