Zur Rationalität staatlicher Eingriffe im Abfallsektor - dargestellt am Beispiel der Verpackungsverordnung - eine Philippika -

Seit Inkrafttreten der Verpackungsverordnung (VerpackV) vor mehr als 20 Jahren1 wird über die damit ausgelösten Folgen gestritten. Trotz bislang fünf als Reparaturmaßnahmen gestal-tete Novellen, konnte sich bis dato kein allgemeines Zufriedenheitsniveau einstellen.2 Auch die aktuelle Überarbeitung verspricht keine Veränderung des Stimmungsbildes - wenn sie nicht gar zu einer weiteren Eintrübung führt.

Das Leitmotiv der Verpackungsverordnung ist überaus ehrenwert, nämlich das Verursacher-prinzip bei der Entsorgung von Verpackungsabfällen aus haushaltsnahen Anfallstellen zu installieren. Dabei sieht die konkrete Ausgestaltung dieses Prinzips apodiktisch die Festle-gung auf eine Herstellerverantwortung vor. Damit wird implizit unterstellt, der Nutzen des Inverkehrbringers (IVB) übersteige den des Konsumenten und rechtfertige so die Kostenan-lastung. Allerdings muss konstatiert werden, dass die Handlungsspielräume des Produzen-ten die des Konsumenten bei weitem übertreffen. Dem Letztverbraucher bleibt nur eine "Take it or leave it"-Auswahl. Der Hersteller hat jedoch die Entscheidung über den verwende-ten Packstoff getroffen, besitzt die Kenntnis über die Packstoffeigenschaften und allein an ihm ist es, gegebenenfalls ökologiemotivierte Anpassungen vorzunehmen.

Die Regelungsintention besteht darin, entsprechende Abfälle vom kommunalen Restmüllre-gime auszuschließen und den IVB dieser Abfallfraktion zu überantworten. Eine Rückführung über die originäre Versorgungslogistik war möglich, wurde aber von Anfang an verworfen. Man optierte zu einer Bypass-Entsorgung (Fachjargon: einer dualen Entsorgung). Aber nicht die scheinbar unüberwindbaren Logistik- und Hygieneprobleme führten zu dieser Entschei-dung, sondern die Inkompatibilität mit dem eigenen Geschäftsmodell. Man zog die Entpflich-tung unter Einbindung eines Dritten (Fachjargon: Systembetreibers) der eigenen operativen Befassung mit dem Thema vor. Die Hersteller entschlossen sich für ein Outsourcing und unterliefen damit die unmittelbare Adressierung des Verursacherprinzips.
 
Bild: Fotolia



Copyright: © Verband Kommunaler Unternhemen e.V. (VKU)
Quelle: Stellungnahme 2012 (April 2012)
Seiten: 28
Preis: € 0,00
Autor: Prof. Dr. Heinz-Georg Baum
 
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