Die Stilllegung von Industrieanlagen in Umsetzung von Art. 22 der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen

Bis Anfang Januar 2013 müssen die EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie über Industrieemissionen (Industrial Emissions Directive - IED) (2010/75/EU1), auch kurz IE-Richtlinie genannt, die am 6.1.2011 in Kraft getreten ist, in nationales Recht umsetzen. Bereits jetzt ist um die Weise und Reichweite der Umsetzung aus Sicht des Bodenschutzrechts eine größere Diskussion entbrannt. Der Beitrag stellt zunächst die Ausgangsposition der Grundverzahnung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG2) mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG3) dar, insbesondere die Anordnungsbefugnis bei Bodenverunreinigungen im Zusammenhang mit Industriegrundstücken.

Nach einem Überblick über Art. 22 IE-RL werden die Details zum Ausgangszustandsbericht (AZB) diskutiert. Ebenso die Reichweite der bei endgültiger Stilllegung geplanten Rückversetzung in den Ausgangszustand. Drittens werden die geplanten Vorschriften zur Stilllegung im BImSchG aus bodenschutzrechtlicher Sicht analysiert. Schlusspunkt ist der Versuch, die noch offenen Fragen der Umsetzung der IE-Richtlinie wenigstens ansatzweise einer Klärung zuzuführen und ein Fazit zu ziehen. II. Bestehende Anordnungsbefugnis bei Bodenverunreinigungen auf der Grundlage der Grundverzahnung BImSchG/BBodSchG Zunächst ist eine Vergewisserung geboten, wie das Immissionsschutzrecht de lege lata mit der Stilllegung von Industrieanlagen umgeht. Hinsichtlich der Pflichten bei der Betriebseinstellung (nur) genehmigungsbedürftiger Anlagen gilt aus dem Kanon der BImSchG-Grundpflichten für die Zeit nach der Einstellung des Betriebs § 5 Abs. 3 BImSchG. Dort wird verlangt, dass genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen sind, dass im Einzelnen bestimmte Anforderungen eingehalten sind. Nr. 1, wonach 'von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können', und Nr. 2 (Forderung der Abfallverwertung oder Beseitigung) verhindern, dass schädliche Bodenveränderungen entstehen können. Damit werden die Pflichten des § 4 Abs. 1 und 2 BBodSchG durch das BImSchG geregelt. Die dritte Pflicht zur Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Betriebsgeländes (Nr. 3) meint den Zustand, 'wenn er alle Vorschriften, die auf den Stilllegungsvorgang anwendbar sind, einhält'4, geht aber über die Erhaltung dieses Status Quo hinaus. Wenn man richtigerweise den 'ordnungsgemäßen' als einen 'gefahrlosen' Zustand versteht, ist also wie auch nach dem Bodenschutzrecht dafür zu sorgen, dass Gefahren, die für den Boden bestanden oder vom Boden ausgingen, zu beseitigen sind. Die Gefahrenabwehrpflicht entsteht nicht erst mit der Betriebsstilllegung, sondern bereits vorher.5 Die Gefahrenabwehrpflicht darf aber nicht mit einer Sanierungspflicht
gleichgesetzt werden



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 05 - 2011 (Oktober 2011)
Seiten: 11
Preis: € 25,00
Autor: Prof. Dr. Dr. Joachim Sanden
 
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