Das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Spannungsverhältnis Windenergieanlagen und Naturschutz

Das Thema Vogelschutz und Windenergie ist emotional aufgeladen. Vogelschützer setzen WEA mit Mordmaschinen gleich.1 Es wird von Hunderten toter Vögel berichtet, von blutigen Kadavern am Fuße der Windradtürme und vom Abwandern ganzer Arten aus den Gegenden rund um einen Windpark. Ornithologen differenzieren bei der Problematik: So seien Vögel nicht gleich Vögel. Und auch innerhalb der Brut- und Gastvogelarten gebe es unterschiedliche Verhaltensweisen.

Die Kollisionsraten (Zahl der jährlichen Opfer pro Turbine) von Brutvögeln generell wurden bisher in nur relativ wenigen Fällen (in Deutschland noch fast überhaupt nicht) systematisch und methodisch einwandfrei ermittelt.3 Bei den Untersuchungen befanden sich insgesamt überproportional häufig Greifvögel unter den vermuteten Opfern von Windenergieanlagen (WEA), allen voran Rotmilane. Jährlich werden ca. zehn Rotmilane bei der zentralen Erfassungsstelle für WEA-Schlagopfer gemeldet.4 Die jährlich gemeldeten zehn Rotmilane werden von Naturschützern als häufig erachtet. Weitestgehend unklar ist, warum und wieso vor allem Rotmilane in der Nähe von WEA tot aufgefunden werden.5 Aufgrund dieser Unklarheit haben Behörden und Gerichte eine Ablehnungspraxis im Hinblick auf die Genehmigung von WEA entwickelt. Die divergierenden Behörden- und Gerichtsentscheidungen beruhen auf verschiedenen Auslegungen der zentralen unbestimmten Rechtsbegriffe 'Tötungsverbot', 'signifikant erhöhte Tötungsrisiken' und 'Populationsrelevanz'. Die Rotmilanproblematik ist prototypisch und steht für zahlreiche Konflikte analog zwischen WEA und Vögeln bzw. Fledermäusen, die zu den geschützten Arten zählen. Unsicherheiten bestehen bei den WEA-Betreibern, da keine stringente Linie in den Gerichtsentscheidungen zu erkennen ist. Sie können sich nicht auf eine einheitliche rechtliche Regelung stützen, sondern sind von unterschiedlichen Handhabungen der unbestimmten Rechtsbegriffe sowohl durch Behörden als auch durch die Gerichte abhängig. Das führt zu langen gerichtlichen Auseinandersetzungen, bei denen im Regelfall die WEABetreiber Kläger und die zuständige Genehmigungsbehörde Klagegegner sind.



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: EurUp 04/2011 (August 2011)
Seiten: 6
Preis: € 32,00
Autor: Ass. iur., LL. M Marcel Wemdzio
 
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