Methan (CH4) trägt zur Erwärmung der Erde bei. Anthropogene Quellen verursachen mehr als 70% der globalen Methanemissionen, wobei hierin ca. 40 Mio. Tonnen CH4 aus Deponien und Altablagerungen (Anteil: ca. 12%; absolut) enthalten sind. Eine Reduzierung dieser Emissionen stellt aufgrund der Vielzahl an Ablagerungsstätten sowie der weltweit steigenden Abfallproduktion (infolge des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums) eine signifikante Herausforderung für die Abfallwirtschaft dar.
Weitgehend unabhängig vom Deponiestandort werden während des Betriebes und noch Jahrzehnte nach Betriebsschluss Deponiegase, die zu etwa 60% aus Methan und zu etwa 40% aus Kohlenstoffdioxid (CO2) bestehen, produziert. In Deutschland und einigen anderen Staaten wird das Gas oftmals über ein Brunnensystem aus der Deponie abgesaugt und in der Regel energetisch genutzt. Ab einer gewissen Gasmenge bzw. bei unterschreiten einer gewissen Methankonzentration ist eine Gasnutzung nicht mehr ökonomisch sinnvoll, so dass Restgasmengen in der Regel über Jahrzehnte in die Atmosphäre entweichen.
Weltweit betrachtet handelt es sich bei der überwiegenden Anzahl der Abfallablagerungsstätten um Müllkippen, auf denen weder Gaserfassungs- noch Gasnutzungssysteme installiert wurden. Im Rahmen von Klimaschutzprojekten werden solche Standorte zunehmend berücksichtigt, wobei das Deponiegas in der Regel schadlos beseitigt und lediglich in Ausnahmefällen energetisch genutzt wird. Unabhängig von der Behandlung des Methans wird die Emissionssituation hierbei nur temporär verbessert. Die Reduktion des Gasbildungspotenzials erfolgt unter den vorherrschenden anaeroben Bedingungen nur verhältnismäßig langsam, so dass nach Projektende auch weiterhin mit signifikanten Methanemissionen zu rechnen ist.
Eine Möglichkeit zur kontrollierten und nachhaltigen Reduktion von Methanemissionen aus Deponien bietet demgegenüber die aerobe in situ Stabilisierung (im Folgenden auch als 'Deponiebelüftung' bezeichnet). Hierbei wird gezielt Luft in den Deponiekörper eingetragen, wodurch sich das anaerobe Milieu in ein Aerobes wandelt und die im Deponiekörper verbliebenen biologisch abbaubaren organischen Substanzen beschleunigt umgesetzt werden. Durch die Einstellung aerober Verhältnisse im Deponiekörper wird nahezu ausschließlich CO2 als gasförmiges Stoffwechselprodukt der mikrobiologischen Aktivität produziert, die Methanproduktion wird sehr weitgehend vermieden. Rest-Methanfrachten können in einer thermischen Abluftbehandlungsstufe autotherm zu CO2 oxidiert werden, so dass der Gesamtprozess zu einer vollständigen Vermeidung von CH4-Emissionen aus dem belüfteten Deponiekörper führt. Darüber hinaus wird aber auch das Potenzial biologisch abbaubarer Stoffe im Deponiekörper verringert, so dass diese dann auch nach Abschluss der Belüftungsmaßnahme für etwaige anaerobe Abbauprozesse - und somit für die Produktion von Methan - nicht mehr zur Verfügung stehen. Das Verfahren erfüllt somit wesentliche Anforderungen der Nachhaltigkeit.
Die vermiedenen Methanemissionen in die Atmosphäre können u. U. dem Emissionshandel zugänglich gemacht werden. Als grundsätzliche Mechanismen kommen hierfür die sogenannten JI oder CDM Maßnahmen in Betracht. Während JI-Projekte zwischen Industriestaaten (oder innerhalb eines Industriestaats) durchgeführt werden, beschreiben CDM-Projekte Klimaschutzaktivitäten eines Industriestaats in einem Entwicklungs- oder Schwellenland. Durch die Generierung bzw. den Erwerb von können die Industrieländer z. B. ihre Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung erfüllen. Die Maßnahmen basieren jeweils auf einem zugelassenen Mess- und Berechnungsverfahren, welches sowohl das Vermeidungspotenzial als auch die tatsächlichen Emissionen im Zuge der Projektdurchführung berücksichtigt.
Für die Durchführung von Deponiebelüftungsmaßnahmen wurde im Jahr 2009 eine CDM-Methodik entwickelt und zugelassen. Diese beschreibt detailliert, wie das Emissionsvermeidungspotenzial als auch die tatsächlichen Emissionen im Zuge der Stabilisierung erfasst werden können. Vermiedene Emissionen werden in Form von CERs zugeteilt und können über das Instrument des Emissionshandels zur Finanzierung der in-situ Belüftungsmaßnahme genutzt werden. Die Berücksichtigung der Deponiebelüftung in den CDM-Mechanismen trägt folglich zur Schaffung umweltverträglicher Deponien bei, reduziert die Emissionen des klimawirksamen Gases Methan und kann über die Erlöse aus dem Emissionshandel zumindest einen Teil der Maßnahmenkosten abdecken.
Copyright: | © Verlag Abfall aktuell |
Quelle: | Band 35 - Deponietechnik 2010 (Februar 2010) |
Seiten: | 21 |
Preis: | € 0,00 |
Autor: | Dr.-Ing. Marco Ritzkowski |
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