Vollständige Nutzung des Deponiegaspotenzials durch Reformierung mit Biogas

Die Entsorgungsgesellschaft Steinfurt mbH betreibt am Standort Altenberge eine Zentraldeponie für Siedlungsabfälle. Die Deponie teilt sich in die zwei Teildeponien Zentraldeponie-Altenberge I (ZDA I) und Zentraldeponie-Altenberge II (ZDA II) auf. Die ZDA I wurde 1996 außer Betrieb genommen und teilversiegelt. In diesem Zusammenhang wurden insgesamt 58 Gasbrunnen in einem Abstand von ca. 60 m auf dem Deponiekörper angelegt. Seit der Inbetriebnahme dieser Vertikalbrunnen wird die ZDA I aktiv entgast und das erfasste Deponiegas in einer weiteren Veredelungsstufe mit Hilfe eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) (800 kWel) energetisch verwertet.

Die energetische Verwertung von Deponiegas mit einem Gasmotor ist nur bis zu einem Methan­gehalt von ca. 40% möglich. Unterhalb dieses Methangehaltes, muss das Schwachgas nach dem Stand der Technik über eine Hochtemperaturfackel ohne Verwertungsnutzen entsorgt werden. Die wirtschaftliche energetische Nutzung von Deponieschwachgasen ist zurzeit nicht mit den herkömmli­chen Verfahren möglich. Der Methangehalt des Deponiegases der ZDA I nähert sich dieser kritischen Grenze. Es wurde daher überlegt, wie die weitere Nutzung des Schwachgases erfolgen kann.
Da Deponiegas sich aus den Hauptbestandteilen Kohlenstoffdioxid und Methan zusammen­setzt und in Spuren halogenierte Kohlenwasserstoffe enthalten kann, werden Deponiegasemis­sionen zu den klimarelevanten Emissionen gezählt.
Die Emission von Methan, dessen mittlere Verweilzeit in der Atmosphäre bei ca. 12 Jahre liegt, trägt
soviel zum Treibhauseffekt bei, wie die Emission der gleichen Masse an Kohlenstoff­dioxid. Die wichtigste Abbaureaktion von Methan und anderen organischen Stoffen in der Atmosphäre ist die Umsetzung mit photolytisch gebildeten OH-Radikalen. Hierbei werden die Treibhausgase Kohlenstoffdioxid, Ozon und Wasserdampf gebildet. Die Emissionen aus der Deponiegasfassung und Verbrennung mit Energienutzung, z. B. Deponiegasverstromung mittels eines Gasmotors, sind als klimaneutral einzustufen, da wie bei der Verbrennung ohne Energienutzung Kohlenstoffdioxid aus biogen-organischen Quellen freigesetzt wird. Da bei der vollständigen energetischen Nutzung des Deponiegases und -schwachgases fossile Energieträger substituiert werden, wird ein Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen geleistet.
Um dies möglich zu machen, wurde im Rahmen des vorliegend beschriebenen Forschungs- und Entwicklungsprojektes (F&E-Projektes) eine Biogasanlage in der Nähe der Gas­verwertungsstation gebaut und das anfallende Biogas mit einem mittleren CH4-Gehalt von 55% mit dem anfallenden Deponieschwachgas vermischt, so dass das erzeugte Mischgas einen CH4-Gehalt von mindestens 40% hat und somit problemlos im zur Verfü­gung stehenden Gasmotor verwertet werden kann. Das Gesamtkonzept ist schematisch in der Abb. 1 dargestellt. Dabei werden zunächst das entstehende Deponiegas und das produzierte Biogas auf Ihre Zusammensetzung (CH4-Gehalt; CO2-Gehalt und O2-Gehalt) analysiert sowie der Volumenstrom erfasst. Anschließend werden die beiden Gasströme miteinander vermischt. Diese Gasmischstation wird gesteuert durch die Onlinemessungen des Mischgases (insbesondere des Methangehaltes s. Abb. 2) und steuert mit Hilfe eines Regelventils die Gasströme, so dass ein Mindestmethangehalt von 40 %, der für die Verwertung in einem BHKW erforderlich ist, eingehalten wird. Der erforderliche Unterdruck (bis 50mbar) wird durch einen dem BHKW vorgeschalteten Verdichter eingestellt. Anschließend wird das Mischgas dem BHKW mit einer elektrisch installierten Leistung von 800 kWel zugeführt. Die erzeugte elektrische Energie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nach den Vergütungssätzen des Erneuerba­ren-Energien-Gesetzes vergütet. Die produzierte thermische Energie wird zum Teil für den Betrieb der Biogasanlage benötigt und darüber hinaus zur Beheizung von Arbeits- und Wohnräumen genutzt.



Copyright: © Verlag Abfall aktuell
Quelle: Band 18 - Stilllegung und Nachsorge von Deponien 2009 (Januar 2009)
Seiten: 15
Preis: € 6,00
Autor: Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter
Elmar Brügging
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Verfassungsrechtliche Erfordernisse der Biodiversitätssicherung nach der Klimaschutzentscheidung des BVerfG
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (6/2024)
Angesichts von drei miteinander verflochtenen tiefgreifenden Umweltkrisen - der Klimakrise, der Biodiversitätskrise und der weiterhin bestehenden Krise der Umweltverschmutzung - wird nach wirksamen politischen Ansätzen gesucht, den Problemen zu begegnen. In globaler Perspektive am ambitioniertesten - weil allumfassend - ist bislang die Transformationsstrategie des 'EuropeanGreenDeal' der EU-Kommission,1 die allerdings selbst in Schwierigkeiten geraten ist, sichtbar etwa in Kompromissen bei der Luftreinhaltepolitik, dem Zögern in der Weiterentwicklung der Chemikalienpolitik oder der Anerkennung fragwürdiger Risikotechnologien, wie etwa der Atomenergie, als Nachhaltigkeitsinvestition im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung.

Möglichkeiten und Grenzen der Verfahrensbeschleunigung in Krisenzeiten durch Einschnitte bei UVP und SUP
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (6/2024)
Dass Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland zu lange dauern, ist kein Geheimnis. Auch Jahrzehnte nach der Einleitung noch nicht abgeschlossene Großprojekte sind eher die Regel als die Ausnahme. Insbesondere die Klimakrise und die durch den Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine ausgelöste Energieversorgungskrise erfordern eine möglichst rasche Planung, Genehmigung und Umsetzung der benötigten Energieinfrastrukturvorhaben.

Meeresschutz und Klimawandel
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (6/2024)
Zum Gutachten des Internationalen Seegerichtshofs im Fall 'Climate Change and International Law'