Insitu-Belüftung und langzeitige Aerobisierung in der Deponienachsorge

Altablagerungen und Altdeponien produzieren oftmals über Jahrzehnte klimaschädliche Deponiegase. Ein Teil der Methanfracht kann in einer qualifizierten Rekultivierungsschicht biologisch oxidiert werden, jedoch verbleiben erhebliche Restmengen, die unkontrolliert freigesetzt werden. Bei jüngeren Deponien in der Stilllegung wird durch die Installation eines Gaserfassungssystems in Verbindung mit einer energetischen Nutzung des anfallenden Gases diese Emissionsproblematik temporär vermindert, jedoch nicht vollständig gelöst. Nachdem die Gasproduktion sowie die Methankonzentration bestimmte Mindestwerte unterschreiten, lässt sich das weiterhin anfallende Deponiegas nicht mehr in konventionellen Gasmotoren nutzen.

Eine Phase der Schwachgasproduktion mit ggf. Schwachgasnutzung könnte sich anschließen, wobei u.a. Systeme wie Mikrogasturbine, Zündstrahlmotor, Wirbelschichtfeuerung oder auch die Methan- bzw. Sauerstoffanreicherung mittels Membranverfahren zur Verfügung stehen. Zu den genannten Systemen liegen unterschiedlich lange Betriebserfahrungen im Bereich des Deponiegases vor, die Wirkungsgrade liegen teilweise unter denen der konventionellen Gasmotoren und ggf. höhere Investitionskosten sind im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse zu berücksichtigen. Der wesentliche Nachteil dieser Technologien liegt jedoch darin begründet, dass die biologische Stabilisierung der Abfälle im weiterhin anaeroben Milieu, d. h. langsam über sehr lange Zeiträume abläuft. Eine signifikante Verringerung des Emissionspotenzials, d. h. eine nachhaltige Vermeidung von Methanemissionen sowie eine Verbesserung der Sickerwasserqualität, mit der einhergehenden möglichen Verkürzung der Behandlungsbedürftigkeit in der Deponienachsorge, werden folglich nicht erreicht.
Eine Strategie, die diesen Überlegungen Rechnung trägt, besteht in der aeroben in situ Belüftung mit anschließender Langzeit-Aerobisierung des Deponiekörpers [Ritzkowski et al., 2008]. Die in situ Belüftung kann als ein Teil einer Maßnahmenkette im Rahmen der kontrollierten Deponiestilllegung sowie der Verkürzung der anschließenden Deponienachsorge angesehen werden. Sie setzt zu einem Zeitpunkt an, an dem bereits etwa 80-85% des Deponiegaspotenzials abgebaut wurden (im Idealfall möglichst weitgehend verwertet, wobei hierfür konventionelle BHKW eingesetzt werden können), die Sickerwasserbelastungen (insbesondere organische Schadstoffe und Ammonium-Stickstoff) jedoch noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau liegen. Innerhalb weniger Jahre können nun etwa 90 bis 95% des verbliebenen Deponiegaspotenzials beschleunigt und unter kontrollierten Bedingungen (d. h. keine Freisetzung von klimaschädlichem Methan; vermiedene CH4-Frachten können ggf. als CO2-Gutschriften angerechnet werden) abgebaut werden, wobei sich neben der Deponiegas- auch die Sickerwasserbelastung signifikant verbessern. Durch die anschließende Integration einer Langzeit-Aerobisierung kann ein stabiler Emissionszustand über lange Zeiträume sichergestellt werden, welches zu einer frühzeitigen Entlassung aus der Deponienachsorge beitragen kann.



Copyright: © Verlag Abfall aktuell
Quelle: Band 18 - Stilllegung und Nachsorge von Deponien 2009 (Januar 2009)
Seiten: 13
Preis: € 0,00
Autor: Dr.-Ing. Marco Ritzkowski
Dr.-Ing. Kai-Uwe Heyer
Dr.-Ing. Karsten Hupe
Prof. Dr.-Ing. Rainer Stegmann
 
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