Runter vom Trittbrett - Die Novelle der Verpackungsverordnung kommt
Im Sommer nahm die Politik Anlauf zur fünften Novelle der Verpackungsverordnung. Eins ist sicher: Sie wird von allen gefordert - aber sie wird es auch nicht allen recht machen.
24.11.2006 Mit der anstehenden fünften Novelle der Verpackungsverordnung will der Gesetzgeber endlich alte Streitpunkte aus der Welt schaffen: die Konkurrenz zwischen Dualen Systemen und den Selbstentsorgern, das Problem mit nicht lizenzierten Verpackungen, das Auffüllen von Quoten mit Abfällen von Großverbrauchern. "Es ist eine Neuregelung erforderlich, die Wettbewerbsverzerrungen verhindert und Wirtschaftsbeteiligten, Verbrauchern und Vollzugsbehörden einen möglichst transparenten und praktikablen Handlungsrahmen vorgibt," formuliert das Bundesumweltministerium (BMU).
Da hat sich das BMU viel vorgenommen. Ende September legte das Ministerium die Grundzüge der notwendigen Änderungen vor. In Zukunft müssen alle Verpackungen, die zur Abgabe an private Haushalte bestimmt sind, zwingend bei einem dualen System lizenziert werden. Verpackungen aus dem gewerblichen Bereich werden dagegen von den Einrichtungen selbst entsorgt.
Was einfach klingt, ist alles andere als simpel - das zeigte auch eine Podiumsdiskussion des BDE auf der Entsorga-Enteco Ende Oktober in Köln. Offen ist beispielsweise, wie die Ausschreibungen künftig verlaufen und wer sie durchführt. Bisher gibt der Text der Novelle nur vor, dass Entsorgungsleistungen im Wettbewerb zu vergeben sind. "Wie genau, das müssen Kartellamt und Entsorger selbst regeln", sagte in Köln BMU-Abfallexperte Dr. Thomas Rummler. Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoll, dass jedes einzelne Duale System entsprechend seinem Marktanteil Leistungen ausschreibt.
Dreh- und Angelpunkt der Debatte ist aber die saubere Trennung zwischen Dualen Systemen und Selbstentsorgern, zwischen privaten und gewerblichen Abfällen, zwischen Lizenzpflicht und freien Produkten. Mit der Novelle wird das Kriterium "haushaltsähnlich" neu definiert. Neben Privathaushalten gelten künftig auch andere Abfallerzeuger als private Endverbraucher, wenn dort ähnliche Verpackungen anfallen und "diese über haushaltsübliche Sammelgefäße in einem haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden". Allerdings sollen Großverbraucher wie Kantinen, Verwaltungen, Kasernen, Krankenhäuser und Schulen künftig nicht mehr dazu gehören. "Keiner weiß, wie und wo man am besten diese Schnittstelle zieht", betont Wolfgang Schertz, Vorstandsvorsitzender der Landbell. Nach Art der Verpackung? Deren Größe? Oder besser nach dem Anfallort? Bei einer Gesprächsrunde im BMU Anfang November präsentierte die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung Vorschläge für eine saubere Schnittstelle. Ein eindeutiges Kriterium, mit dem alle Anfallstellen zugeordnet werden können, gibt es nicht, konstatiert die GVM, denn das Kriterium "haushaltsähnlich" kann unterschiedlich interpretiert werden. Praktikabler sei daher eine Zuordnung über die Produktart und die Vertriebswege, denn sowohl die Waren selbst als auch deren Weg zum Endkunden seien bekannt und gut dokumentiert.
Sicher ist in der Debatte um die fünfte Novelle bisher: Der Verbraucher bekommt von all dem recht wenig mit - es ändert sich nichts am Sammelsystem, und die Verpackungen werden auch nicht billiger. Zum zweiten sind die Zeiten, in denen mit Verpackungsabfällen das schnelle Geld zu machen war, endgültig vorbei. Und nicht zuletzt: "Wir kriegen nie eine Lösung hin", stellte Rummler in Köln klar, "die alle Interessen befriedigt."
Unternehmen, Behörden + Verbände: Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU), Bundesumweltministerium (BMU), Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM)
Autorenhinweis: Christa Friedl
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