Wasser für die Wüste - Strom und Entsalzungstechnologie aus deutscher Hand
Das Emirat Abu Dhabi verfolgt ein ehrgeiziges Programm, die Wüste zum Grünen zu bringen. Dazu bedarf es Wassers, das aus Meerwasser gewonnen wird. Ein entsprechendes Großkraftwerk sorgt für die notwendige Energieversorgung.
18.09.2006 Ein grünes Band erstreckt sich durch die Wüstenlandschaft des Emirats Abu Dhabi vom internationalen Flughafen in Richtung Osten entlang der Küstenautobahn. Es hat bereits eine Länge von über 100 Kilometern. Die restlichen gut 200 Kilometer bis zur Grenze nach Saudi-Arabien sollen schon bald folgen, die Wasserleitungen zur Anpflanzung von Bäumen und Büschen liegen bereits. Voraussetzung für die Aufforstungsmaßnahmen ist die Verfügbarkeit von ausreichenden Mengen an Süßwasser. Diese werden im neuen Großkraftwerk Shuweihat S1 gewonnen, mit einer Leistung von 1.500 Megawatt die größte Anlage in der Region. Sie erzeugt Strom und über ihre sechs Entsalzungseinheiten auch nahezu 500 Mio. Liter Trinkwasser pro Tag.
Der Komplex umfasst etwa die Fläche von vier Quadratkilometern. Er besteht aus fünf Gas- und zwei Dampfturbinen sowie sechs Entsalzungseinheiten und wurde von Siemens Power Generation (PG) als Konsortialführer schlüsselfertig errichtet. "Angesichts der Größe der Anlage war die Bauzeit von nur drei Jahren ein guter Wert", erklärt Dr. Martin von Hassel, Projektleiter von Siemens. In den fünf Gasturbinen wird bevorzugt Erdgas verbrannt; alternativ geht auch Öl. Sie generieren in Abhitzedampferzeugern ein heißes Abgas - zunächst das Arbeitsmedium für die beiden Dampfturbinen. Nach getaner Arbeit gelangt der Dampf dann in die Entsalzungsanlagen, die von der italienischen Fisia Italimpianti als weltweit bisher größten und leistungsstärksten ihrer Art gebaut wurden. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Mehrstufen-Entspannungsverdampfung, bei der das salzhaltige Meerwasser im leichten Vakuum destilliert.
Das Salzwasser wird bei rund 115 °C im so genannten Brine-Heater aufgeheizt und verdampft in den nachgeschalteten Entspannungsstufen unter Vakuum. Der Wasserdampf schlägt sich als Kondensat innerhalb dieser Stufen an Rohrleitungen nieder, die mit Kühlflüssigkeiten gefüllt sind und wird als salzfreies Wasser abgezogen. Das Wasser, das direkt dem angrenzenden Persischen Golf entnommen wird, ist danach so rein, dass zu seinem Verzehr Mineralien in exakt definierten Mengen wieder zugefügt werden müssen.
Shuweihat S1 ist erst der Anfang; zwei weitere Komplexe gleicher Leistung sind bereits in Planung. Grund dafür ist der steigende Bedarf an Strom und Wasser, mit dem das hohe Bevölkerungswachstum sowie ehrgeizige Landwirtschafts- und Aufforstungsvorhaben bewältigt werden sollen. Schon heute hat Abu Dhabi den weltweit dritthöchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Trinkwasser - und die Voraussetzungen dafür, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Unter dem Wüstensand der Vereinigten Arabischen Emirate befinden sich etwa acht Prozent der Rohöl- und vier Prozent der Erdgasressourcen der Welt.
Rund 1,6 Mrd. Dollar haben die ADWEA (Abu Dhabi Water and Electricity Authority) und zwei private Partner in das Kraftwerk Shuweihat gesteckt. "Dafür haben wir ein exzellentes Kraftwerk erhalten, das mit einem sehr guten Wirkungsgrad von über 50 Prozent und hohen Verfügbarkeiten um die 99 Prozent aufwarten kann", freut sich Dave Price, Geschäftsführer der SCIPCO, die das Kraftwerk im Auftrag der Eigentümer betreibt. Schon jetzt ist Siemens mit einem Anteil von 60 Prozent Marktführer in dieser Region. Allein 2004 und 2005 wurden hier 15 Kontrakte gewonnen. Mehr als 300 Gas- und Dampfturbinen aus deutscher Produktion machen Strom im Mittleren Osten.
Seit Ende 2005 liegt ein weiterer Großauftrag aus Saudi-Arabien vor: Ein Konsortium unter Führung von Siemens soll bis 2009 das Kraftwerk Shuaibah mit drei Blöcken von je 400 MW Leistung bauen. Zudem liefert Doosan eine Meerwasserentsalzungsanlage für rund 880 Mio. Liter pro Tag, die unter anderem Mekka und Jeddah mit Trinkwasser versorgen werden. "Shuaibah ist mit einem Volumen von 1,8 Mrd. Euro der größte Einzelauftrag, den wir in der Golfregion je verbuchen konnten", so Klaus Voges, Chef von Siemens PG.
Unternehmen, Behörden + Verbände: Siemens Power Generation (PG), Abu Dhabi Water and Electricity Authority (ADWEA), SCIPCO
Autorenhinweis: Klaus Jopp
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