Zu große Maschenweite - Kritik am System zur Entsorgung von Elektrokleingeräten

Seit dem 24. März sollen alle ausrangierten Elektro- und Elektronik-Altgeräte getrennt gesammelt und an den kommunalen Annahmestellen abgegeben werden - die Restmülltonne ist nun für kleine Geräte tabu. Die neuen Anforderungen stellen für Elektrogroßgeräte kein Problem dar, doch für Kleingeräte gibt es ernste Schwierigkeiten.

25.06.2006 Ausgediente Elektro-Großgeräte haben die Bürger schon immer separat entsorgt; entweder sie wurden beim Neukauf in Zahlung genommen oder per Sperrmüll entsorgt. Wie die Erfahrungen der ersten Tage zeigen, ist das Netz der Annahmestellen für kleine Geräte jedoch nicht dicht genug. Im Zweifelsfall entsorgt der Bürger das ausgediente Elektrogerät wie gewohnt im Hausmüll. Es besteht die Gefahr, dass die Bürger das neue Gesetz nicht ernst nehmen und die Pflicht zur Getrennthaltung ignorieren.

Für die Schadstoffanreicherung u.a. mit Blei, Cadmium und Quecksilber im Hausmüll sind aber gerade die "mülltonnengängigen" Elektrogeräte verantwortlich. Die Schadstoffproblematik wird deutlich angesichts der Menge: Bei einer Sortieranalyse in Berlin wurden 2004 beispielsweise 10.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr im Hausmüll festgestellt.

Die Annahmestellen der Kommunen sind meistens auf den Recyclinghöfen eingerichtet. Hier sollen alle Elektrogeräte abgegeben werden. Recycling- oder Wertstoffhöfe gehören insbesondere im südlichen Teil Deutschlands zum vertrauten Alltag. Von einem Teil der Bürger werden sie stark frequentiert. Für einen großen Teil der Bevölkerung ist der Recyclinghof aber praktisch und gedanklich weit entfernt. Leute ohne Auto, erst recht ältere und gebrechliche Mitbürger, erreichen die häufig nicht gerade zentral gelegenen Anlagen nicht. In der Pflicht stehen vor allem die Kommunen als Öffentlich-Rechtliche Entsorgungsträger (ÖRE), die laut Gesetz für die Sammlung verantwortlich sind. Im Rahmen der geteilten Produktverantwortung ist es ihre Aufgabe, die Sammlung bis zur gesetzlich verankerten "Übergabestelle", ab der die Herstellerverantwortung beginnt, optimal zu gestalten. Der Bundesverband für Umweltberatung (bfub e.V.) appelliert an alle Kommunen, ihrer Aufgabe gerecht zu werden und die Sammlung nicht am Bürger vorbei, sondern für ihn und gemeinsam mit ihm zu gestalten.

Die Zuständigkeit des Handels ist Anders zu verstehen. Er ist gesetzlich nicht zur Rücknahme verpflichtet, kann aber freiwillig Altgeräte zurücknehmen und besondere Möglichkeiten zur Sammlung anbieten. Der bfub appelliert an den Handel, Wettbewerb und Kundenorientierung für ein kundenfreundliches Sammelangebot zu nutzen.

Mit der Kostenverlagerung der Entsorgung von den Abfallgebühren zu den Produkten (vgl. Grüner Punkt) fallen zukünftig bei den Kommunen Kosten weg, die dann aber von den Verbrauchern als Produktaufschlag zu zahlen sind. Abhängig von Art und Menge des Elektroschrotts sowie Preisen für Metallschrott und weiteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kann es bei den Kommunen zu beträchtlichen Einsparungen kommen. In Berlin sind dies mehr als 800.000 Euro pro Jahr. Der bfub fordert die Kommunen auf, die eingesparten Entsorgungskosten für Elektroaltgeräte in Form einer optimierten und bürgergerechten Sammlung an die Kunden weiterzugeben.

Wie können die Sammelergebnisse verbessert werden?

Über die jetzigen Angebote hinaus sollten die ÖRE mehr Sammelstellen für Kleingeräte schaffen, die im räumlichen Sinne bürgernah sind und das "Umsteigen" auf die Getrenntsammlung erleichtern. Es bieten sich z.B. Sammelmöglichkeiten in öffentlichen Einrichtungen oder bei Wohnungsbaugesellschaften an. Die Bürger brauchen Motivation und Gelegenheit. Beides können Städte und Landkreise leisten, da zukünftig die Entsorgungskosten für Elektrogeräte wegfallen und die nun freiwerdenden Gelder für die Optimierung der Sammlung eingesetzt werden könnten.

Für die Sammlung der Altgeräte bietet sich aus Sicht der Verbraucher auch der Handel an. Dort wo der Bürger sein neues Gerät kauft, möchte er sein altes Gerät abgeben können. Der Handel ist für den Bürger in der neuen Logistikkette ein bedeutender "Wunschpartner". Im Sinne der Kundenfreundlichkeit sollte er vom Handel ein freiwilliges Angebot erhalten.

Der Bundesverband für Umweltberatung fordert, dass die Konzepte zur Rücknahme von Kleingeräten überdacht und an die Gewohnheiten der Bevölkerung angepasst werden. Dies betrifft insbesondere die kleinen Geräte aus der Unterhaltungselektronik und der Kommunikationstechnologie, außerdem elektrische Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Spielsachen usw., d.h. alles an Geräten, was in die Mülltonne passt.

Unternehmen, Behörden + Verbände: Bundesverband für Umweltberatung (bfub e.V.)
Autorenhinweis: Gudrun Pinn Arbeitskreis Abfall im Bundesverband für Umweltberatung bfub e.V.



Copyright: © Deutscher Fachverlag (DFV)
Quelle: Juni 2006 (Juni 2006)
Seiten: 1
Preis: € 0,00
Autor: Gudrun Pinn
 
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