Mit der Kraft der Sonne - Solare Klärschlammtrocknung auch in Norddeutschland mit Chancen
Die Entsorgung von kommunalem Klärschlamm wird wegen des Deponierungsverbots und den Einschränkungen bei der landwirtschaftlichen Verwertung zunehmend durch eine thermische Behandlung erfolgen. Vor diesem Hintergrund wird die vorgeschaltete Klärschlammtrocknung an Bedeutung gewinnen. Durch Trocknungsverfahren werden die Menge an Klärschlamm deutlich reduziert, der Heizwert erhöht und Transport und Entsorgung insgesamt billiger.
26.06.2006 Auf der Suche nach kostengünstigen und energieeffizienten Trocknungsverfahren hat sich die solare Klärschlammtrocknung als wirtschaftlich sinnvolle Alternative zu den konventionellen Trocknungsverfahren etabliert. Besonders vor dem Hintergrund der Klimavorsorge gewinnt diese Art der Trocknung zunehmend an Bedeutung. Im Vergleich zur konventionellen Trocknung, die durch einen hohen Energieeinsatz zumeist nicht regenerativer Energieträger gekennzeichnet ist, lassen sich durch solare Verfahrensvarianten absolute Einsparungen klimarelevanter Emissionen erzielen. Zahlreiche Anlagen mit Kapazitäten zwischen 1.000 und 300.000 EW demonstrieren die Machbarkeit dieses innovativen Trocknungskonzepts für Klärschlamm.
Das Prinzip der solaren Trocknung beruht dabei auf dem natürlichen Feuchtigkeits-Aufnahmepotenzial der Trocknungsluft und der Nutzung von Sonnenenergie. Treibende Kräfte sind die Konvektions- und Strahlungstrocknung. Die Strahlungstrocknung überwiegt, wenn die solare Strahlung größer als etwa 300 W/m² ist. Eine wirksame Konvektionstrocknung erfolgt bis zu einer relativen Luftfeuchtigkeit von etwa 80 Prozent. Eine Trocknungswirkung, wenn auch in einem sehr viel geringeren Ausmaß, lässt sich somit auch nachts und in den Wintermonaten erzielen.
Solare Klärschlammtrocknungsverfahren können zur Behandlung entwässerter, aber auch flüssiger Schlämme eingesetzt werden. Um eine effektive Trocknung zu erzielen, kommt bei den solaren Trocknungsanlagen das folgende Funktionsprinzip zur Anwendung:
Durchführung der solaren Trocknung in transparenten Leichtbauhallen (Gewächshauskonstruktion); somit wird das Niederschlagswasser ferngehalten.
Erhöhung der Verdunstungsrate durch den so genannten Gewächshauseffekt; solare Strahlung wird in Wärmestrahlung umgewandelt (Absorption durch Klärschlamm) und
Erwärmung der Luft in der Trockenhalle. Der Austrag der mit Wasserdampf gesättigten Luft erfolgt durch gezielte Steuerung der Be- und Entlüftung.
Effektive Schlammwendung um die Bildung anaerober Zonen und somit die Bildung unangenehmer Gerüche zu vermeiden und das im Schlamm gebundene Wasser mit der Trocknungsluft in Verbindung zu bringen.
Solare Trocknungsanlagen sind durch einen geringen verfahrenstechnischen und maschinellen Aufwand gekennzeichnet. Die eingesetzten transparenten Leichtbauhallen basieren auf dem Prinzip des Gewächshauses. Die Be- und Entlüftung der Trockenhalle erfolgt über Umluftventilatoren und über eine gezielte Steuerung der Belüftungsklappen. Auf der Grundlage von durchgeführten Messkampagnen lässt sich der spezifische elektrische Energiebedarf solarer Trocknungsanlagen mit 20-30 kWh/Mg H 2 O abschätzen. Der elektrische Energiebedarf liegt damit deutlich unterhalb des Bedarfes konventioneller Trocknungssysteme. In Abhängigkeit von der gewählten Verfahrensführung und den klimatischen Randbedingungen kann mit solaren Trocknungsverfahren eine spezifische Verdunstungsleistung von bis zu 1.000 kg H 2 O/(m²*a) Trocknungsfläche erreicht werden.
Um die solare Trocknungsleistung zu unterstützen, kann der Einsatz einer Vielzahl von Energieträgern (Abwärme aus BHKW, Prozesswärme, Biogas, usw.) erfolgen. Der Wärmeeintrag erfolgt in der Regel über Fußbodenheizungssysteme, Luftregisterwärmetauscher oder Dunkelstrahler. Durch den Einsatz von zusätzlicher Energie wird die Trocknungsfläche reduziert und eine kontinuierliche Trocknung auch in Monaten mit geringer solarer Strahlungsleistung erzielt.
Die Anwendung solarer Klärschlammtrocknung wurde beispielhaft im Rahmen einer Machbarkeitsstudie für Bremen und den norddeutschen Raum untersucht. Dabei wurde zunächst anhand der verfügbaren Klimadaten das regionale Angebot an solarer Strahlungsenergie sowie die relevanten meteorologischen Daten (u. a. Lufttemperatur und -Feuchtigkeit) für einen repräsentativen Jahreszeitraum ermittelt.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die solare Klärschlammtrocknung ein technisch machbares Verfahren zur Trocknung kommunaler Klärschlämme auch für den Norddeutschen Raum darstellt. Um die Potenziale einer solaren Klärschlammtrocknung abzuschätzen, wurde dabei exemplarisch die Trocknung einer jährlichen Klärschlammmenge von 3.000 Mg TS betrachtet. Unter den gegebenen Randbedingungen würde hierzu eine Trocknungsfläche von ca. 1,1 ha benötigt. Durch die zusätzliche Nutzung von Abwärme (Annahme: etwa 50 Prozent der Trocknungsleistung), lässt sich die benötigte Trocknungsfläche auf rund 0,6 ha reduzieren.
Für den konkreten Anwendungsfall wurden anschließend konventionelle und solare Trocknungsvarianten in einem Systemvergleich gegenübergestellt, um die spezifischen Trocknungskosten und klimarelevanten Kohlendioxid (CO 2 )-Emissionen für die Vergleichsvarianten unter den gegebenen klimatischen Bedingungen zu ermitteln. Im Rahmen des direkten Systemvergleichs wurde für die konventionelle Vergleichsvariante neben dem Einsatz von Erdgas auch der Einsatz von Abwärme berücksichtigt. Bei den solaren Verfahrensvarianten wurden sowohl rein solare Trocknungsverfahren als auch solare Verfahren mit Abwärmenutzung bilanziert. Als Ergebnis des Systemvergleichs lässt sich feststellen, dass beide solare Verfahren niedrigere spezifische Trocknungskosten aufweisen und durch wesentlich geringere klimarelevante Umweltauswirkungen gekennzeichnet sind als konventionelle Vergleichsvarianten.
In einem zweiten Schritt wurden die Varianten der rein solaren Trocknung und der solaren Trocknung mit Abwärmenutzung in konkrete Entsorgungsszenarien eingebettet, die eine Trocknung von Klärschlamm beinhalten. Die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit und Klimarelevanz der beiden solaren Szenarien erfolgte im Vergleich zu einem Referenzszenario. Ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist, dass sich für beide Szenarien der solaren Klärschlammtrocknung niedrigere spezifische Entsorgungskosten als im Referenzszenario ergeben. Weiterhin erzielt die solare Trocknung mit Abwärmenutzung als einziges Szenario nennenswerte CO 2 Einsparungen in der Größenordung von 300 kg CO 2 /Mg TS Klärschlamm.
Abschließend kann festgestellt werden, dass die solare Klärschlammtrocknung sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht ein großes Potenzial auch für den Norddeutschen Raum hat und eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits bestehenden Entsorgungskonzepten darstellt. Unter den gemachten Annahmen wäre der solaren Klärschlammtrocknung gegenüber den konventionellen Verfahren der Vorzug zu geben.
Die erstellte Studie kann über www.IKrW.de kostenlos bezogen werden. Beteiligt an der Untersuchung waren die Unternehmen Thermo-System Industrie- & Trocknungstechnik GmbH (www.thermo-system.com), ist Anlagenbau GmbH (www.ist-anlagenbau.de), EDZ Bau GmbH (www.edz-bau.de) und Hans Huber AG (
www.huber.de).
Unternehmen, Behörden + Verbände: Institut für Kreislaufwirtschaft GmbH (IKrW), Thermo-System Industrie- & Trocknungstechnik GmbH, ist Anlagenbau GmbH, EDZ Bau GmbH, Hans Huber AG
Autorenhinweis: Martin Wittmaier, Jens Uwe Meyer, Björn Sawilla, Institut für Kreislaufwirtschaft GmbH
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