In Deutschland sind mehr Kraftwerksprojekte für Ersatzbrennstoffe (EBS) in der Pipeline als Material dafür zur Verfügung steht, so eine Studie. Engpässe zeichnen sich ab - auch beim Anlagenbau.
(06.05.07) Derzeit bestehen Planungen für über 40 EBS-Kraftwerksprojekte in Deutschland, die insbesondere durch das bislang propagierte Überangebot an heizwertreichen Fraktionen aus Siedlungs- und Gewerbeabfällen seit der TASi-Umsetzung in 2005 und den dementsprechend steigenden Erlösen für Verwerter bei Investoren zur Planung animiert wurden. Somit werden in 2011/2012 insgesamt fast sechs Mio. t/a an Ersatzbrennstoffen von EBS-Kraftwerken benötigt werden. Allerdings stehen laut trend:research-Prognosen lediglich knapp 4,5 Mio. t/a an geeigneten Ersatzbrennstoffen zu diesem Zeitpunkt für EBS-Kraftwerke zur Verfügung. Eine Umsetzung aller Projekte vor dem Hintergrund der vermehrten Probleme in der Brennstoffversorgung scheint nicht realistisch. Hinzu kommen mögliche Engpässe der Anlagenbauerkapazitäten aufgrund weiterer Kraftwerksprojekte, vor allem im Bereich Braun- und Steinkohle. Doch welche Projekte schaffen es bis zur Umsetzung? Wie entwickelt sich damit das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage an Ersatzbrennstoffen im Heizwertbereich der EBS-Kraftwerke und bei konkurrierenden Verwertungsströmen?
Diese und weitere Fragen behandelt die aktuelle Studie ,Ersatzbrennstoffkraftwerke 2030' des Trend- und Marktforschungsinstitutes trend:research und geht dabei detailliert auf Kapazitätsentwicklungen und Bedarf, zukünftige Stoffströme und Preise sowie den regionalen Wettbewerb ein. Anhand eines eigens entworfenen Marktprognosemodells in sechs Teilschritten wird die Angebots- und Nachfrageseite an Ersatzbrennstoffen unter der Betrachtung von konkurrierenden Verwertungsströmen und der Analyse zur Umsetzungswahrscheinlichkeit veröffentlichter Projekte verglichen.
Eine wesentliche Annäherung von Angebot und Nachfrage in Deutschland ist mit der geplanten Inbetriebnahme von acht bis zwölf Ersatzbrennstoffkraftwerken bis 2008/2009 zu erwarten. Konkurrierende Stoffströme aus der Mitverbrennung sind im mittleren Heizwertbereich der EBS-Kraftwerke nur bei einzelnen Kohlekraftwerken mit Braunkohlefeuerung beziehungsweise mit Schmelzkammerfeuerungstechnik zu erkennen. In Zementwerken werden in erster Linie höherkalorische Fraktionen ab 20 MJ/kg aus Siedlungs- und Gewerbeabfällen eingesetzt.
Eine Konkurrenz für die Versorgung von Ersatzbrennstoffkraftwerken kommt in erster Linie aus der Müllverbrennung, deren Feuerungsart, die Rostfeuerung, mit einem Großteil der geplanten EBS-Projekte identisch ist. Langfristig ist jedoch eine Konzentration der Verwertungsanlagen auf deren ursprüngliche Auslegungswerte zu erwarten.
Relevante Inputstoffe für EBS-Kraftwerke sind im Wesentlichen heizwertreiche aus MBA/MBS/MPS und MA, Leichtverpackungen und Kunststoffe, aus der Papierindustrie sowie weitere mittelkalorische Produktionsabfälle. Die in der Gesamtheit zukünftig verfügbaren Ersatzbrennstoffmengen in Deutschland mit Relevanz für EBS-Kraftwerke sind in der Abbildung dargestellt.
Für EBS aus MBA, MPS, MBS und MA sind zukünftig zunehmende EBS-Ausbeuten um fünf bis zehn Prozent unter anderem aus verbesserten Aufbereitungstechniken zu erwarten. Ausschlaggebend ist jedoch der Rückgang des Aufkommens an Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen, der die Mengen insgesamt reduziert. An Leichtverpackungen bzw. Kunststoffen stehen aufgrund der zunehmenden stofflichen Verwertung für die Energieerzeugung in den nächsten Jahren ebenfalls kontinuierlich kleinere Mengen zur Verfügung. Beeinflusst wird diese Mengenreduktion weiterhin durch die Abnahme an Siedlungs- und Gewerbeabfällen in Folge des demografischer Wandels. Dagegen werden die Abfallmengen der Papierindustrie trotz der Optimierungsbestrebungen durch das zunehmende Papierrecycling in den nächsten Jahren leicht steigen. Die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland wiederum reduziert das Abfallaufkommen.
Insgesamt ist nach leichten Steigerungen bis 2012 eine Mengenreduzierungen bis 2030 anzunehmen. Auch produktionsspezifische Kunststoffabfälle zur energetischen Verwertung unterliegen der verstärkten stofflichen Nutzung und werden in den nächsten Jahren weniger zur Verfügung stehen.
In der Zusammenführung der sechs Teilschritte des Marktprognosemodells aus verfügbaren Mengen, konkurrierenden Verwertungsströmen sowie der Realisierung der Kraftwerksprojekte zeigt sich folgende Gesamtstoffstromentwicklung (vgl. Abbildung).
Bei einer hundertprozentigen Umsetzung aller EBS-Kraftwerksprojekte wird im Jahr 2011/2012 deutschlandweit eine Menge von knapp sechs Mio. t/a an Ersatzbrennstoffen für EBS-Kraftwerke benötig. Vor dem Hintergrund der insgesamt verfügbaren EBS-Mengen und dessen Verteilung auf die Mitverbrennung, Zwischenlagerung, Export sowie Müllverbrennung stehen für EBS-Kraftwerke laut der aktuellen Stoffstromprognose von trend:research in 2011/ 2012 jedoch lediglich 4,4 Mio. t/a zur Verfügung, das heißt eine Umsetzung von drei Viertel der angestrebten EBS-Kraftwerkskapazitäten (inkl. bestehender Anlagen) bis 2011/2012 ist zu erwarten. Hinzu kommen Engpässe bei Anlagenbauern, die eine Projektumsetzung erschweren. Für Großprojekte bestehen lediglich vier geeignete Anlagenbauer. Bis Ende 2009 reichen die Kapazitäten daher lediglich für etwa zwölf bis maximal 20 Projekte. Zu erwarten ist eine zweite Inbetriebnahmewelle im Zeitraum 2009/2010 bis 2012, die jedoch mit drei bis vier weiteren Projektumsetzungen weitaus geringer ausfallen wird.
Unter der Betrachtung der konkurrierenden Ströme ergeben sich für Kohlekraftwerke in den nächsten Jahren leichte Steigerungen der Mitverbrennungsmengen, insbesondere sind diese bei Braunkohlekraftwerken zu erkennen. Freie Kapazitäten der Kraftwerke werden weiter ausgelastet, eine Vollauslastung ist jedoch aus qualitativen Gründen nicht zu erwarten.
Schmelzfeuerungsanlagen gehen innerhalb der nächsten zehn Jahre vom Netz und reduzieren damit die Mitverbrennungsmengen. Langfristig werden im Wesentlichen Braunkohlekraftwerke Inputmengen an EBS aus Siedlungs- und Gewerbeabfällen annehmen. Durch die Stilllegung von Schmelzkammerfeuerungen und Braunkohleblöcken ist langfristig eine Kapazitätsreduzierungen von etwa 30 bis 40 Prozent zu erwarten.
Auch der Einsatz von EBS aus Siedlungs- und Gewerbeabfällen in Zementwerken wird tendenziell durch die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland um etwa 20 bis 30 Prozent reduziert. Bedingt wird dieser Trend durch die geringe Baukonjunktur und hohe Lohnstruktur in Deutschland. Hohe EBS-Qualitäten werden durch die vermehrte Nachfrage aus dem mittelkalorischen Bereich weniger hergestellt, was die Mitverbrennungsmengen hochaufbereiteter Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie ab 2012 zusätzlich reduziert. Durch den Kapazitätsausbau der Verwertung können mehr als die Hälfte der Zwischenlagerungsmengen reduziert werden. Eine Auflösung der Lager bis 2030 erfolgt jedoch nicht, da diese zum Teil als Pufferspeicher bei Versorgungsengpässen der EBS-Kraftwerke vorgehalten werden. Die Verwertung von EBS in Müllverbrennungsanlagen wird durch das zunehmend gemeinsame Stoffstrommanagement mit EBS-Kraftwerken ab 2009 deutlich zurückgehen.
Die Müllverbrennung wird sich aus Gründen der Durchsatzmaximierung auf den niederkalorischen Bereich konzentrieren. Wichtig ist neben der deutschlandweiten Gesamtbetrachtung auch die regionale Betrachtung der einzelnen Kraftwerksprojekte. Trotz der nach deutschlandweiten Zahlen zunehmenden Übernachfrage der Kraftwerke bestehen auf regionaler Ebene zum Teil weiterhin Überangebote an Ersatzbrennstoffen (z.B. in Sachsen und Thüringen).
Die 674 Seiten umfassende Studie ,Ersatzbrennstoffkraftwerke 2030' kann zum Preis von 4.200 Euro bezogen werden bei trend:research unter www.trendresearch.de.
EBS aus Abfall
Remondis betreibt seit Ende 2005 in Nentzelsrode im Landkreis Nordhausen eine mechanische Aufbereitungsanlage zur Erzeugung von Ersatzbrennstoff (EBS). Sie war die erste, die im Freistaat Thüringen nach Einsetzen der Technischen Anleitung Siedlungsabfall (TASi) fristgerecht errichtet wurde. Die Anlage wurde mit einem Investitionsvolumen von 14 Mio. Euro von der Remondis GmbH & Co. KG, Region Nord gebaut, die auch Betreiber der Anlage ist.
Hier werden pro Jahr ca. 120.000 Tonnen Haus- und Gewerbeabfall im Wesentlichen aus dem Gebiet des Zweckbandes Abfallwirtschaft Nordthüringen behandelt. Zum Zweckverbandsgebiet gehören die Landkreise Eichsfeld, Kyffhäuserkreis, Nordhausen und Unstrut-Hainich-Kreis. Die erzeugten Ersatzbrennstoffe machen etwa 40 bis 45 Prozent vom Input-Strom aus; sie werden entweder in Kraftwerken oder in Zementwerken energetische genutzt. 40 Prozent des Input-Materials sind eine organisch-mineralische Feinfraktion, die von der TVN im Landkreis Nordhausen einer Intensivrotte unterzogen und dann als Rekultivierungsmaterial genutzt wird. Weitere zehn Prozent des Inputs zählen als grobe Störstoffe wie Gummi- und Matratzenbestandteile, die in die Müllverbrennung gelangen. Metalle machen etwa 5 Prozent aus; sie werden separiert und stofflich verwertet.
Als technische Besonderheit der mechanischen Aufbereitung gilt eine Kugelmühle, mit der der Materialstrom selektiv zerkleinert und homogenisiert wird, um so die anschließende Auftrennung in die einzelnen Produkte effektiver zu gestalten.
boe
Copyright: | © Deutscher Fachverlag (DFV) |
Quelle: | Mai 2007 (Mai 2007) |
Seiten: | 3 |
Preis: | € 0,00 |
Autor: | Dipl.-Ing. Tilmann Greiner |
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