Altpapier ist mittlerweile der bedeutendste Rohstoff für die heimische wie internationale Papierindustrie. Und der Bedarf wächst weiter, nicht zuletzt auf Grund der sprunghaft wachsenden Nachfrage aus den Ländern Asiens.
(11.06.07) Nirgendwo werden gebrauchte Papiere, Pappen und Kartonagen so fleißig wieder eingesammelt wie in Deutschland. 2006 waren es rund 15,5 Mio. Tonnen. Das sind rund drei Viertel des inländischen Verbrauchs (rund 20,8 Mio. Tonnen) an neuer Ware und rund 420.000 Tonnen mehr als ein Jahr zuvor. Exportiert wurden rund 3,1 Mio. Tonnen Altpapier und somit etwa gleichviel wie 2005. Dafür stieg die Importmenge um rund 16 Prozent auf 2,8 Mio. Tonnen.
Damit standen den deutschen Papier-Fabriken 2006 rund 15,2 Mio. Tonnen Altpapier als Sekundär-Rohstoff für den Einsatz in ihrer Neu-Produktion zur Verfügung. Und die wurden vollständig verbraucht. Das sind rund 800.000 Tonnen mehr als ein Jahr zuvor und über 6 Mio. Tonnen mehr als 1996. Hierdurch stieg die Altpapier-Einsatzquote, Quotient aus Altpapierverbrauch und Papiererzeugung, auf ihren bisherigen Höchstwert von 67 Prozent.
Mit diesem Wert nimmt die Bundesrepublik weltweit die Spitzenposition ein. In etwa mithalten können nach Angaben des Verbandes Deutscher Papierfabriken (VDP, Bonn) nur Länder wie Frankreich (58 Prozent) und Italien (55 Prozent). Mit schon deutlichem Abstand folgen beispielsweise die USA (rund 40 Prozent), Polen (38 Prozent) oder Kanada (30 Prozent).
Betrachtet man einzelne Papier-Sorten näher, so zeigen sich jedoch noch deutliche Unterschiede hinsichtlich des Altpapier-Einsatzes. Papiere für den Zeitungsdruck, für Verpackungen oder auch Wellpappen werden in der Bundesrepublik mittlerweile fast vollständig aus wieder eingesammeltem Material hergestellt. Dies schon seit etwa einem Jahrzehnt. Auch bei technischen Papieren und Spezialitäten dürften inzwischen mit Altpapier-Quoten, die seit zehn Jahren zwischen 40 und knapp 50 Prozent hin und her schwanken, aus Gründen der Qualität technische Grenzen erreicht sein. Es gibt aber auch Sorten, die deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Hygiene-Papiere etwa brachten es 2006 nur auf einen Altpapier-Anteil von 57 Prozent. Das ist der niedrigste Wert im letzten Jahrzehnt. Vor fünf Jahren waren es schon einmal 20 Prozentpunkte mehr. Derzeit ist in diesem Marktsegment also noch Luft nach oben.
Auch bei Papieren für Büros, Druck und Administration ist das Potenzial für den Einsatz von Altpapier nach Einschätzung von Experten noch nicht ausgeschöpft. Immerhin hat sich hier die Altpapier-Einsatzquote seit 1996 kontinuierlich von 36 Prozent auf heute 46 Prozent gesteigert.
Alles in allem jedoch hat sich Altpapier mittlerweile zum wichtigsten Rohstoff für die Herstellung von Papier- und Pappe-Produkten gemausert. Das gilt auch für die 25 Mitgliedsländer der EU zuzüglich Bulgarien, Rumänien, Norwegen und Schweiz, deren nationale Verbände sich zum Verband der Europäischen Papierindustrie (CEPI - Confederation of European Paper Industries) zusammengeschlossen haben.
Im November 2000 hat CEPI gemeinsam mit weiteren internationalen Verbänden wie dem Europäischen Altpapierverband (ERPA), der Interessengemeinschaft Deinking-Technik (INGEDE), dem Internationalen Druckverband (INTERGRAF), dem Europäischen Tissue-Symposium (ETS) sowie dem Internationalen Verband der Papier verarbeitenden Industrie (CITPA) eine ,Europäische Erklärung zum Papierrecycling' abgegeben.
Darin verpflichteten sich die entsprechenden Industrien der CEPI-Länder freiwillig, die gesamteuropäische Recyclingquote von damals knapp 50 Prozent bis 2005 auf 56 Prozent zu erhöhen. Dies bedeutete eine Erhöhung der wieder eingesammelten Altpapier-Menge um rund 9 Mio. Tonnen auf knapp 47 Mio. Tonnen. Dieses Ziel wurde fast punktgenau erreicht, was die Verbände ermunterte, im September 2006 ihre Selbstverpflichtung zu erneuern. Ziel ist diesmal, bis zum Jahr 2010 rund 66 Prozent aller in Europa gebrauchten Papiere, Kartonagen und Pappen dem Recycling zuzuführen.
Auch weltweit hat der Altpapierverbrauch in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2004 wurden rund 178 Mio. Tonnen Altpapier zur Herstellung von Papier, Karton und Pappe eingesetzt. Das entspricht bei einer Papier-Produktion von rund 360 Mio. Tonnen im gleichen Jahr einer Einsatz-Quote von rund 50 Prozent, mit weiter steigender Tendenz.
Altpapier ist damit längst zu einem begehrten Welthandelsgut geworden. Triebfeder ist unter anderem der rasch wachsende Papierverbrauch in Ländern Asiens, allen voran China. Hier kletterte die Papier- und Kartonagenproduktion in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 150 Prozent auf über 50 Mio. Tonnen pro Jahr. Da im eigenen Land nicht genügend Altpapiermengen zurück gewonnen werden können, ist China zunehmend auf Importe angewiesen. Die nahmen allein 2006 um 2 Mio. Tonnen zu und liegen jetzt bei rund 19 Mio. Tonnen. Die Hauptlieferanten stammen aus den USA (rund 9 Mio. Tonnen) und Europa (5 Mio. Tonnen).
Aber auch in Europa nimmt der Papier-Verbrauch weiterhin zu, wuchs im letzten Jahrzehnt mit einer durchschnittlichen Rate von 2,5 Prozent pro Jahr. Die Produktion erreichte hier 2005 die Schwelle von 100 Mio. Jahrestonnen. Den größten Anteil hieran hatte die Bundesrepublik mit über einem Fünftel, gefolgt von Finnland und Schweden (je etwa 12 Prozent) sowie Frankreich und Italien (je 10 Prozent). Rund 830 Unternehmen erwirtschaften in über 1.200 Papierfabriken mit rund 270.000 Beschäftigten einen Umsatz von rund 75 Mrd. Euro. In der Bundesrepublik stieg die Produktion der Papierindustrie seit 1996 um fast 8 Mio. Tonnen auf insgesamt 22,6 Mio. Tonnen in 2006. Umsatz 2005: rund 13 Mrd. Euro.
Die weltweit gute Papier-Konjunktur wirkt sich auch positiv auf die Nachfrage nach dem Rohstoff Altpapier aus. Unterstützt wird dieser Trend durch teilweise dramatische Preissteigerung beim bis dato wichtigsten Rohstoff, dem Holz. Wegen der subventionierten Verbrennung von Holz in Biomasse-Kraftwerken verdoppelten sich die Holzpreise nach Angaben des VDP innerhalb eines Jahres.
Beides zusammen stützt den Markt für Altpapier, was sich in den Preisen des Sekundär-Rohstoffs widerspiegelt. Die legten 2006 je nach Sorte zwischen 9 Prozent (Tageszeitungen) und 32 Prozent (gemischtes Altpapier) zu. Ebenfalls je nach Sorte und Qualität werden derzeit zwischen 50 und über 110 Euro pro Tonne gezahlt. Besonders reine Ware wie weiße Rotationsabfälle und Kuvertspäne bringt es auf Preise zwischen 200 und 400 Euro pro Tonne.
Copyright: | © Deutscher Fachverlag (DFV) |
Quelle: | Juni 2007 (Juni 2007) |
Seiten: | 3 |
Preis: | € 0,00 |
Autor: | Heinz-Wilhelm Simon |
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