Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,
die Klärschlammentsorgung bewegt wieder die Verantwortlichen in Abfall- und Wasserwirtschaft. Darum ist Klärschlamm das Schwerpunktthema dieses Hefts. Die durchaus nicht neue Frage lautet: Darf Klärschlamm auf den Boden - als Dünger oder Bodenverbesserungsmittel oder ist er besser im Ofen aufgehoben? Eine Fraktion argumentiert, dass Klärschlamm wertvolle und wertgebende Inhaltsstoffe wie Phosphor enthalte, die für die Landwirtschaft oder den Landbau unverzichtbar seien. Die andere Fraktion ist der festen Überzeugung, dass aus Sicht des Umweltschutzes und insbesondere des Bodenschutzes Klärschlämme in den Ofen gehören. Das können Monoverbrennungsanlagen, Müllverbrennungsanlagen, Zement- oder Kohlekraftwerke sein.

Jetzt hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen Position bezogen und empfohlen, Klärschlamm aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes mittelfristig nur noch thermisch zu verwerten. Dennoch soll die landwirtschaftliche Klärschlammausbringung zwar eingeschränkt, aber weiter möglich sein. Kritisiert wird, dass ein Stufenplan für weitere Schritte und eine erkennbare Orientierung an einem übergreifenden Schutzkonzept fehlen. Insbesondere weist der Sachverständigenrat darauf hin, dass die integrierte Betrachtung für alle Düngemittel nach gleichen Grundsätzen weiter verfolgt werden soll.
Unabhängig von den rechtlichen Gegebenheiten ist der Trend zur thermischen Klärschlammbehandlung schon wegen der abnehmenden Akzeptanz der landwirtschaftlichen Verwertung festzustellen. Wegen der begrenzten Kapazitäten von Monoverbrennung für Klärschlamm nimmt die Mitverbrennung in Zement- und Kohlekraftwerken zu.
In Anbetracht der begrenzten Vorräte an Phosphor in natürlichen Lagerstätten interessiert die Gewinnung aus Abwasser, Klärschlamm und Klärschlammasche. Für Deutschland wurde ein Substitutionspotential von mehr als vierzig Prozent ermittelt. Allerdings sind die Verfahren noch nicht wirtschaftlich. Das wird sich voraussichtlich wegen der Preisentwicklung von Rohphosphat ändern.
Eines der wenigen Länder, das keine Veranlassung sieht, die landwirtschaftliche Verwertung schadstoffarmer Klärschlämme zu unterbinden, ist Rheinland-Pfalz. Begründet wird dies mit dem beachtlichen Düngewert und der hohen Bodenverbesserungsqualität des Klärschlamms. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass auch hier genügend thermische Entsorgungskapazität zur Verfügung steht.
Bei der Klärschlammentsorgung in zentralen Anlagen stellt sich die Frage nach der Höhe der Transportkosten. Abhilfe kann unter Umständen durch die Trocknung der Klärschlämme - beispielsweise in der Wirbelschicht - geschaffen werden.
Bayern war schon immer, neben Baden-Württemberg, ein Vorreiter der thermischen Klärschlammbehandlung. Wegen der Aktualität veranstaltete das Bayerische Staatsministerium in Zusammenarbeit mit mehreren Institutionen ein internationales Klärschlammsymposium, zu dem etwa dreihundert Fachleute aus dem In- und Ausland kamen. Der Bericht von Professor Rommel bestätigt im Wesentlichen die offizielle Meinung der Bayerischen Landesregierung.
In diesem Heft wird außerdem berichtet über die Optimierung der Altgeräteentsorgung, über Abfallaufkommen und Entsorgungswege für medizinische Abfälle, zum Recht über die gewerbliche Altpapiersammlung und zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung und zum Drittschutz von Grenz- und Kontrollwerten.
Des Weiteren stellen wir - wie im letzten Heft begonnen - Lehr- und Forschungsinstitute für Abfallwirtschaft vor, dieses Mal Stuttgart, Münster und Clausthal.
Aus Anlass der Neustrukturierung der abfallwirtschaftlichen Aktivitäten im E.ON-Konzern wird die neue Struktur präsentiert.
In der Hoffnung, Ihre Meinung über dieses Heft zu erfahren,

grüßt Sie Ihr

Karl J. Thomé-Kozmiensky



Copyright: © Rhombos Verlag
Quelle: RISIKO KLÄRSCHLAMMENTSORGUNG (September 2008)
Seiten: 1
Preis: € 0,00
Autor: Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky
 
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