Abfallrahmenrichtlinie

Der Ausschuss der Ständigen Vertreter, das sind die diplomatischen Vertreter der Mitglied-staaten bei der EU, hat am 4. Juni 2008 dem Vorschlag der Präsidentschaft für eine informelle Einigung mit dem EP im Trilogverfahren zugestimmt. Das Europäische Parlament hat schließlich am 17. Juni 2008 dem Kompromiss ebenfalls zugestimmt.

Der slowenischen Prä-sidentschaft war es im dritten Trilog mit Kommission und Berichterstattern des EP am 3. Juni 2008 gelungen, alle wesentlichen Eckpunkte des Gemeinsamen Standpunktes des Rates vom Dezember 2007 zu verteidigen und einen vernünftigen Kompromiss bei den vom EP gewünschten und bis zu letzt offenen Punkten der Vermeidungsziele und Recyclingquoten zu erreichen. Die Einigung in der zweiten Lesung konnte damit ohne Substanzverlust der Linie des Gemeinsamen Standpunktes, wie er unter deutscher Präsidentschaft in 2007 erreicht wurde, erfolgen. Es ist in diesem Zusammenhang gelungen, einen maßvollen Kompromiss zur Etablierung von Vermeidungszielen und Recyclingquoten zu erreichen. Nun muss nur noch seitens des Rates die Zustimmung zur Einigung in einem der Räte als A-Punkt erfolgen. BMU Hätte das Ergebnis vom EP nicht akzeptiert werden können, wäre es zu einem Vermittlungsverfahren gekommen, dessen Ausgang ungewiss gewesen wäre. Es wäre zu befürchten gewesen, dass der Rat die bereits vereinbarten Eckpunkte wieder verloren hätte. Die wichtigsten Punkte sind:

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich wurde bei landwirtschaftlichen Abfällen exakter gefasst und es ist gelungen, 'unbewegliche' Sachen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen.

Definitionen

Zu verschiedenen Definitionen wichtigen gibt es durch die Novelle der Abfallrahmenrichtlinie Verbesserung im Sinne der Rechtsklarheit: u.a. zu Bioabfall, Verwertung, Recycling, Vermeidung.

Nebenprodukte

Zur Rechtsklarheit wurde eine Regelung aufgenommen, die festlegt, unter welchen Bedingungen Nebenprodukte (by-products) aus Produktionsprozessen kein Abfall sind. Für spezifische Stoffströme (z.B. Schlacken aus Hochöfen) können im Komitologieverfahren die jeweiligen Kriterien festgelegt werden. Es ist gelungen, die lange streitige Regelung über Nebenprodukte des Art. 4 gegenüber EP durchzusetzen; vorgeschlagen wird lediglich noch ein Erwägungsgrund, der zutreffend Nebenprodukte zur Unterkategorie von Produkten (= Nicht-Abfall) zählt.

Ende der Abfalleigenschaft

Ebenfalls zur Rechtsklarheit wurde in der Regelung zur Bestimmung des Endes der Abfalleigenschaft in Art. 5 eine Regelung aufgenommen, die noch präziser festlegt, unter welchen Bedingungen Abfälle ihre Abfalleigenschaft wieder verlieren (können). Wie bei Nebenprodukten können für spezifische Abfälle (z.B. Altpapier, Metallschrott) im Komitologieverfahren die jeweiligen Kriterien festgelegt werden. Auch hier ist es gelungen, die Regelung des Gemeinsamen Standpunktes gegenüber EP durchzusetzen.

Vermeidungsziele

Hinsichtlich der Vermeidungsziele wurde eine unmittelbare Verpflichtung der MS auf konkrete Quoten verhindert und stattdessen ein tragfähiges und maßvolles Mandat für eine Weiterentwicklung des Vermeidungsansatzes durch die Kommission normiert. Neben den bereits im Gemeinsamen Standpunkt vorgesehenen Vermeidungsprogrammen (hier wird BMU vorschlagen, dieses Programm auf Bundesebene gemeinsam mit den Ländern zu erarbeiten) kommen damit keine weitere Pflichten auf die MS zu.

Recyclingquoten

Es ist gelungen, die Recyclingquoten auf Papier, Metall, Kunststoffe und Glas aus Haushalten und gleichartigen Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen zu fokussieren. Die Quote liegt bei 50 % bis 2020 und kann von D unproblematisch eingehalten werden. Höhere Ziele waren auf Grund der abfallwirtschaftlichen Situation insbes. in den Beitrittstaaten nicht erreichbar.

Das gleiche gilt für das Recycling von ungefährlichen Bau- und Abbruchabfällen. Hier ist nicht nur Recycling, sondern auch backfilling als material recovery zur Berechnung der Quote zulässig. Die bis 2020 zu erreichende Quote von 70 % ist für D ebenfalls unproblematisch.

Abfallhierarchie

Die 'Abfallhierarchie' (in Deutschland war bislang der Begriff 'Entsorgungshierarchie' üblich) ist nun 5-stufig: Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, andere Verwertungsverfahren, Beseitigung. Die Anwendungsregel ist jedoch flexibel gestaltet und orientiert sich wesentlich an den Regelungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes.

Insgesamt kann Deutschland mit der novellierten Richtlinie zufrieden sein, da die Errungenschaften der deutschen Abfallwirtschaft stabilisiert und gleichzeitig Fortschritte in anderen Staaten angeregt werden konnten.
 
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Copyright: © VKU - Landesgruppe Baden-Württemberg
Quelle: 69. Landesgruppen- und Fachtagung 2008 VKS im VKU Landesgruppe Baden-Württemberg (Juli 2008)
Seiten: 20
Preis: € 0,00
Autor: MinR Dr. phil. Diplom-Volkswirt Andreas Jaron
 
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