Energiebericht der Bundesregierung beschränkt sich auf Laufzeitvariation für Kernkraftwerke
31.08.2010 - Die deutsche Bundesregierung hatte für den Herbst des Jahres 2010 ein Energiekonzept mit Perspektive bis zum Jahr 2050 angekündigt. Teil der wissenschaftlichen Basis dafür sollte ein Energiebericht sein, den die Bundesregierung bei den Instituten prognos, Basel, ewi, Köln (Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln) und gws, Münster (Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung) beauftragt hatte. Gestern haben die Institute nun ihren Bericht vorgelegt, der unter
http://www.bmu.de/energieszenarien zum Herunterladen verfügbar ist.
Überraschend und wenig übereinstimmend mit Interpretationen von Regierungsmitgliedern ist, daß der Bericht für alle untersuchten Zielszenarien von einer Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ausgeht und lediglich deren Ausmaß und deren Nachrüstkosten in den Szenarien variiert. Alternative Zielszenarien, z.B. Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien oder eine Wasserstoffwirtschaft wurden nicht untersucht. Es wurde zwar ein Referenzszenario simuliert, welches jedoch in einer Vielzahl von unabhängigen Annahmen auf "Null" gesetzt wurde (u.a. Ausmaß technischer Innovationen, Ausschöpfung von Effizienzpotentialen, Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke), so daß inhaltliche Vergleiche nur zwischen den Zielszenarien und nicht zu dem Referenzszenario möglich sind. Eine Begründung für die Annahme eines z.B. doppelten Energieverbrauchs einer Waschmaschine im Jahr 2050 im Referenzszenario bleibt die Studie ebenso schuldig wie für erhöhte Kraftstoffverbräuche von Pkw und Lkw oder höherem Heizbedarf im Wohnungsbestand. Insbesondere jegliche Aussagen, daß aus energiefachlicher Sicht eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken sinnvoll sei, sind aus dem vorgelegten Bericht nicht herzuleiten, da nicht eine einzige Alternative mit vergleichbaren Grundannahmen untersucht wurde.
Folgerichtig weist z.B. der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) deshalb darauf hin, daß die berechneten Szenarien wertlos seien, und der WWF World Wide Fund For Nature erkennt in dem gesamten Bericht keine stichhaltigen Argumente für eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken.
Der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) warnt davor, das Energiekonzept wie in dem Bericht geschehen nur auf den Punkt Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken zu beschränken. Für die Versorgungssicherheit mit und die Bezahlbarkeit von Energie sei ein funktionierender Wettbewerb nach Ansicht des VKU ebenfalls von wesentlicher Bedeutung, wobei der Wettbewerb durch eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke massiv beeinträchtigt würde.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ergänzt die Stellungnahmen mit dem Hinweis auf den dringend notwendigen Ausbau der Infrastruktur für Energie. Ohne massiven Ausbau von Stromleitungen und Aufwertung zu intelligenten Stromnetzen sei die Integration dezentraler Energieerzeuger kaum zu bewältigen.
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